Review

Der erste Teil von Kieslowskis Dekalog bietet genau das, was (nicht ich, aber) viele Filmfreunde und auch Kritiker den Filmen eines Michael Haneke oft vorwerfen: eine oberlehrerhafte Sicht der Dinge; eine Moral, die vom Filmemacher von oben herabsehend serviert wird und daher in diesem Falle den Rezipienten einfach nur genervt hat.

Am Papier klingt es vielversprechend: ein Computerfreak rechnet (mithilfe diverser Parameter wie Gewicht und Temperatur etc.) am PC aus, ob sein Sohn beim Eislaufen einbrechen kann oder nicht. Das Ergebnis lautet, das Eis sei dick genug, der Junge bricht jedoch dann am nächsten Tag trotzdem ein (und stirbt). Viel mehr passiert nicht in dem 50-Minüter und hier liegt das Problem, denn das, was (an "Moral") vermittelt wird, passt auf einen Bierdeckel. Kieslowski zeigt uns am Ende den desillusionierten Vater, der das Leben seines Sohnes leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat, weil er dem Computer, seiner Rechenleistung, gefühllosen Parametern und Formeln, blind vertraut.
Der PC wird immer wieder als scheinbar allwissendes Wesen gezeigt, was eine Analogie zu Gott herstellen soll und im Entstehungsjahr 1988 vielleicht eine leicht unheimliche Wirkung hervorrufen hätte sollen. Wie so einiges an dem Werk eine nette Idee, in der Ausführung allerdings höchst peinlich.

Kieslowski inszeniert diesen ersten Dekalog-Teil so qualvoll, so von oben herab, als würde er mit dem Holzhammer auf den Vater (und auch auf den Zuschauer) draufhauen und schreien: "Das kommt davon, wenn man Computern blind vertraut! Böse Computer! Dummer Mann!" Das wäre teilweise ja auch gar nicht so verkehrt und böte einigen Diskussionsstoff, gerade in unserer modernen, computerisierten Welt (ja, hätte man auch schon vor 20 Jahren so schreiben können), auf dieser minimalistischen Reflexionsebene jedoch wirkt es einfach naiv und billig, vielleicht sogar reaktionär. Von so einem berühmt-berüchtigten Filmemacher wie Kieslowski hätte ich mir da etwas mehr erwartet als eine derartige Kindergartenanalyse.
Ich kenne den polnischen Regisseur noch zuwenig, um seine Motivation voll zu verstehen, der Aufhänger für die Dekalog-Reihe sind ja die 10 Gebote; keine Ahnung, ob er selbst gläubig war, aber dann wäre dieser Film nur noch ekelerregender ("Du sollst nur an einen Gott glauben!").

So wie ich dieses Teil deute, kann mir Film gern gestohlen bleiben: als ein moralisches Traktat auf niedrigem Niveau (das, vermutlich eh beabsichtigt, auch als Gefühlsdrama überhaupt nicht funktioniert), das nur kalt und bieder wirkt und aus seiner hochinteressanten Grundidee nicht mehr herausholt, als man schon einer kurzen Inhaltsangabe entnehmen kann. Für einen Filmemacher von Weltrang, auch wenn es nur ein Teil einer TV-Reihe ist, zu wenig.

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