Blair Witch 2 ist definitiv nicht die Fortsetzung zum allseits beliebten und gehaßten Fake-Doku-Hit von 1999. Wer eine direkte Fortsetzung erwartet hat und deswegen das Kino in heller Wut verlassen hat, sollte mal dringend anfangen, vorher Zeitungskritiken und Internetseiten zu studieren, dann fällt man auch nicht so stark aufs Maul.
Tatsächlich hat Regisseur Berlinger einen völlig neuen Film erschaffen, der mit dem ersten nur die Legende und die aus dem Netz bekannten Tatsachen gemein hat. Mit der Klärung der allseits diskutierten Schlußszene aus Film 1 ist also nichts. Stattdessen setzt er uns eine recht klischeereiche Fünfergruppe vor die Nase, bei der Wicca-Anhänger immer noch naive Esoterikdoofchen, Gothic-Mädels nur am Saufen und Rauchen interessiert (klar, die Welt ist ein düsterer Ort) und ehemalige Psychiatrieinsassen potentiell gefährlich sind. Das abendliche Beisammensein in der Hexenruine ist dabei so quietschdelirisch inszeniert, daß man sich nur im Sessel vor Lachen winden kann (als absoluter Kracher natürlich die perfekt berlinernde deutsche Touristin im Kurzauftritt). Am nächsten Morgen wird der Film dann interessant: fünf Stunden verlorene Erinnerungen, mysteriöse Visionen und Erscheinungen, rückwärts laufende Videobänder und und und...
Da wird nicht nur die Psyche unserer fünf Freunde angegriffen, sondern auch der Zuschauer wird zunehmend desorientierter. In diesem Augenblick muß sich der Kinofan entscheiden: entweder fährt er mit auf der filmischen Achterbahn oder er schaltet entnervt ab.
Zum guten Schluß werden uns dann per Video die wahren Ereignisse präsentiert, doch eine Erklärung der Geschehnisse, die bietet uns niemand an. Da darf man dann verstört oder verärgert das Kino/den Videosessel verlassen, aber Hand aufs Herz: War das nicht schon so beim ersten Teil? Alle mal bitte nachdenken!
Was bleibt, ist ein im zweiten Teil optisch oft verstörender Film, der zwar seine Schwächen nicht verstecken kann, aber mich auch nicht mit den üblichen Horrorfilmkonventionen zu Tode langweilt. Schauspielerisch okay (mal abgesehen von der talentfreien Zone, die als Sheriff angeheuert wurde) bringt er seine Thrills gut rüber, wenn einen die Klischees der ersten Hälfte nicht schon längst erledigt haben (vor Lachen).
Mir hat er durchaus gefallen, wenn auch nicht ohne Einschränkungen. (7/10)