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Nachts, irgendwo im Grenzgebiet Kanada-USA: 3 junge Männer und 2 junge Frauen nehmen eine Nebenstraße, um den Hauptgrenzübergang zu vermeiden (wie wir später erfahren, hatte einer der Reisenden etwas Marihuana dabei) und geraten in eine Grenzkontrolle mit zwei übereifrigen Zöllnern. Die Situation eskaliert wenig später und die Reisenden (allesamt US-Bürger auf dem Heimweg) werden verhaftet und unter freiem Himmel in Käfige eingesperrt. In endlosen Verhören sollen sie zugeben, die Sicherheit
ihres Landes gefährdet zu haben und beginnen sich schließlich, aus Angst, Hunger und Verzweiflung schließlich gegenseitig zu denunzieren.
Schnitt: ein etwas abgewrackter Privatdetektiv wird von den Eltern der Vermissten beauftragt, nach den Verschwundenen zu suchen und diese Suche scheint zunächst durchaus vielversprechend.

Olivier Abbous Film lief im Rahmen des Fantasyfilmfests 2011 und ursprünglich plante ich gar nicht, ihn zu sehen und habe mich überreden lassen. Und ich muss sagen: ich hab's nicht bereut. Im ersten Moment erschien es mir manchmal zu platt und demonstrativ in seiner Motivation. Die Reisenden/Gefangenen tragen dieselben Anzüge wie die "feindlichen Kämpfer" in Guantanamo Bay und die Folter durch die - wie sich später herausstellt - selbsternannten Grenzschützer lässt mit Schaudern an die Ereignisse in Abu Ghraib denken, wo irakische Gefangene permanent gedemütigt wurden. Gerade der einzige Muslim der Gruppe wird immer wieder "verhört" und nach seinem wahren Namen gefragt und dies ist filmisch so eindringlich, das man sich fast wünscht, er würde irgendwas sagen, nur damit diese Quälerei ein Ende hat. Wobei dies nebenbei auch noch klar macht, wie viel Geständnisse wert sind, die unter Folter gemacht werden. Abbou schafft es, ein Klima der Angst zu transportieren, klar zu machen, wie sich Unschuldige in einer solchen Situation fühlen.
Die beiden Grenzschützer sind auch nicht anonyme Wahnsinnige, sondern teilweise durchaus menschlich und werden sie nicht zu bizarren Karikaturen.
Abbous geht zudem ein Risiko mit dem letzten Drittel des Films ein, der sich, wie oben erwähnt, mit dem Privatdetektiven beschäftigt. Und dieses Drittel ist ein Abstieg (um nicht zu sagen "Mindfuck") von lynch-esken Dimensionen, der mich am Ende mit einem Schlag ins Gesicht zurückließ. Manche Kritiken haben diesen vermeintlichen Bruch auch kritisiert, vielleicht sogar teilweise zu Recht, ich empfand diese Auflösung jedoch als angemessen in Anbetracht des Geschehens im ersten Teil des Films.
"Territories" ist ein schwieriger, verstörender und wohl leider auch notwendiger Film - immer noch gibt es das Lager auf Guantanamo Bay, trotz Barrack Obamas Bemühungen, es zu schließen. Zum Schluss sei angemerkt, dass der Film nicht blutig ist. Er verwüstet nur den Kopf.
8,5 von 10 Punkten (ein bisschen Abzug für einige dramaturgische Holprigkeiten, aber dennoch sehr sehenswert und wichtig).

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