Ehrlich, Paul Bettany hätte es verdient!
Der Mann ist nun wirklich mit herausragenden Starmerkmalen geprügelt, aber er neigt zur intensiven Auseinandersetzung mit seinen Rollen und da war es schon bei "Legion" enorm schade, daß angesichts eines grottigen Drehbuchs so eine Gurke herauskam. Jetzt hatte er, bezüglich des Bekanntheitsgrads der "Graphic Novel"-Vorlage, schon wieder das kürzere Ende des Comicbooms erwischt und da möchte man ihm ein bißchen Glanz ruhig gönnen.
Nur ist "Priest" wieder so ein Stoff, bei dem man in keiner Sekunde wirklich versteht, wieso das überhaupt verfilmt werden mußte und wo der Reiz für alle Beteiligten lag, denn angesichts von Story und Charakteren, wieder geführt von dem schon bei "Legion" enorm unglücklich wirkenden Ex-FX-Mann Scott Stewart scheint ein berauschendes Kasseneinspiel illusorisch.
Immerhin kann es mal wieder Spaß machen, in dem Film Parallelen zu anderen berühmten Genrewerken zu finden, die uns hier um die Ohren gehauen werden: die Mega-City wirkt von außen wie bei "Judge Dredd" entliehen und drinnen wie eine extraschmierige Variante von "Blade Runner". Die die Menschheit kontrollierende und unterdrückende Kirche, ein Bußregime schlimmsten Ausmaßes ist irgendwo zwischen "Equilibrium" und "1984" abgeschrieben, die "Priests" sind sowas von "Jedis" - das glaubt man kaum, die Vampire sind so schrottig wie in "I am Legend", der Look der zerstörten Erde wirkt wie eine Mischung aus "Mad Max" und "Planet der Affen" und wann immer etwas nicht ganz genau zuzuordnen ist, sind klassische wie allgemeine Westernmotive im Spiel, die zwischen dem sonstigen High Tech irgendwie deplatziert wirken.
Nun könnte man ja einwerfen, das stände alles so in der Vorlage, aber dem ist leider nicht so.
Wer mal gepflegt durch den Inhalt der Comicvorlage streift, wird sich vermutlich die Haare raufen, was Erstlingsautor Cory Goodman wohl geritten hat, die komplexe Apokalypsenvorlage rund um christliche Mythen ausgerechnet in der Atomendzeit mit Vampiren anzulegen und so ziemlich alles wegzulassen, außer eben dem Titel.
Heißt also konkret: wieder mal ein zusammengeschustertes Stück Horror-SF-Genrekino nach Schema F, zugekleistert mit überflüssigen 3D-Effekten und wenn auch nicht so antiklimatisch abgefuckt wie "Legion", so dann doch klischeehaft und abgedroschen, wie es nur eben geht.
Die Idee hinter dem Drehbuch war sicherlich ehrenhaft, auch wenn die subtil gemeinte Kritik an einer opressiven katholischen Kirche, die sich mit Gott gleichsetzt und totale Anpassung und Unterwerfung fordert, gleich mit dem Vorschlaghammer präsentiert wird, schließlich sind die Actionfans in den Ansichten der Filmemacher keine feinsinnigen Grübler.
Sobald also die Indianer...pardon, Vampire die Siedlerfamily weggesnackt haben und Hascherl Lucy (Lily Collins als kommendes Kulleräuglein) in den Händen eines namenlosen Finsterlings im Clint Eastwood-Modus ist (Karl Urban schlägt sich noch am wackersten in der stereotypen Bösewichtrolle), gerät auch bald der Klerus aus dem Fokus.
Stattdessen gehts jetzt nach alter Trappersitte auf eine Rundreise durch die Ödenei, immer schön auf futuristischen Motorrädern, bei denen nie geklärt wird, womit sie fahren und wo die Jungs und Mädels bei gefühlten 2000 durchquerten Meilen eigentlich mal auftanken. Notgedrungen präsentiert der Film also computergenerierte Schauwerte: große zerfallene Säulen und Denkmäler, eine zerfallene Hochhausmetropole, ein gigantischer Vampirstock, zwischendurch schön gezimmerte Blech-Westerstädtchen, wo die Siedler alle noch so rumlaufen, als würden sie auf den letzten Zug nach Gun Hill warten.
Der kommt dann auch und bringt Unheil und Tod.
Man kann also mit Fug und Recht behaupt, daß Goodman wohl alles verbraten hat, was ihm seit seiner Jugend durch die Medien und John Wayne mal so durchs Hirn geschossen wurde, inclusive der gestelztesten Dialoge seit Shakespeare sich aufs Altenteil zurückzog, schön pathetisch aufgesagt, besonders schlimm im Falle von "Heartthrob" und Blechstern Cam Gigandet, der als rachedurstiger Verfolger (wo ist denn wieder der "schwarze Falke", wenn man ihn braucht) ganz besonders blass wirkt. Bettany tut sein Möglichstes, um den flachen, immer wieder durch ach so überraschende Enthüllungen aufgemotzten Plot durchzustehen und nebenbei gefährlich zu wirken, was aber bei den auf kinderfreundliches PG-13 reduzierten und ebenfalls künstlich erzeugten, nahezu blutleeren Kampfszenen (Trailer genügt übrigens) wirklich keinem Genrefan den nötigen Kitzel verleiht. Ein bißchen Kloppe, Gewalt im Off und wenn es dann zur Sache geht, dann ergeht sich Stewart entweder in unnötigen Nahaufnahmen oder läßt die Kamera so ausrichten, daß der entscheidende Teil des Fights gerade außerhalb des Bildausschnitts werkelt.
Was die Nebenrollen angeht, so bescheidet man sich bei 80 (sehr langen) Minuten Laufzeit mit einer adretten Handvoll. Christopher Plummer reißt für den Gagenscheck ja seit "Star Crash" auch noch die abgelutschteste Rolle mit Würde runter, Maggie Q verzieht ja schon aus Gewohnheitsgründen keine Miene, was ihr bei den blutleeren Gefühlsduseleien fast schon entgegen kommt und Brad Dourif hätte man für die drei Minuten witzlosen Auftritts auch nicht engagieren müssen.
Schon fast Verschwendung, daß man für den Zweiminutenauftritt von Lucys Eltern (allesamt sofort so gut wie tot) ausgerechnet so namhafte Gesichte wie Stephen Moyer ("True Blood") und Mädchen Amick ("Twin Peaks") verpflichtet hat, da hatten beide wohl mal für zwei Tage Drehpause.
Auf der positiven Seite ist zu vermelden, daß der Look, mag er auch künstlich sein, noch am Trefflichsten rüberkommt, aber "Priest" hat einfach so gar nichts wirklich Spektakuläres, keinen Funken Humor und nichts an Originalität, das ihn gegenüber anderen Filmen heraushebt.
Die Produktion war sicher solide, es wurde nirgendwo gestümpert und in manchen "Locations" wirkt die Umgebung ziemlich eindrucksvoll, doch dann kommt wieder der entliehene Kuddelmuddel ins Bild, kloppt man sich kinderfreundlich die Rübe zu brei und sabbern langzahnige Vampirkreaturen die Einrichtung voll, ohne daß wir die augenlosen Wesen übrigens jemals für Vampire gehalten hätte, wenn uns Karlchen Urban als Desperado das nicht ständig erzählen würde.
Zum Schluß gibts dann noch ein paar fröhliche Hints dahingehend, daß man mit der Storyline, der Vampirkönigin und einem toten Schurken (dessen Leiche aber nicht vorliegt) ja noch minimum zwei Fortsetzungen drehen kann. Was bei 60 Mio. Produktionskosten und dem vermutlich geringeren Einspiel eher unwahrscheinlich ist.
Genrefreaks, die sogar plotarmen Action-Set-Piece-Aneinanderreihungen wie "Jonah Hex" etwas abgewinnen konnten, werden sich vermutlich auch bei "Priest" vor Freude einnässen, aber anstatt eine eigene, härtere Comic-Variante mit kontroversem Inhalt zu kreieren, rundete man lieber alle Ecken und Kanten ein wenig ab, nahm Gehalt und Nährwert raus und hoffte einfach, daß Schauwerte und lustige Brillen das Kind schon schaukeln würden.
Wer also mags vordergründig und offensichtlich, mittelmäßig und gewaltarm? Erzählts eurem Priester. (3/10)