Review

Drive - ein Film, auf den ich mich in Deutschland noch einige Monate hätte freuen dürfen, und den ich im Ausland jetzt schon in Originalton genießen konnte. Es hat sich mehr als gelohnt.

Der Driver (Ryan Gosling) verdient sein Geld in der Werkstatt von Shannon (Bryan Cranston), mit dessen Autos er auch einige Stunts für Hollywood-Produktionen dreht und sich gelegentlich als Fluchtfahrer für Raubüberfälle anbietet. Sofern diese in einem 5-Minuten-Fenster ablaufen und er nicht eingreifen muss, steht er den Dieben als ortskundiger Fahrer im Großstadtdickicht Los Angeles zur Verfügung. Eines Tages lernt er Irene (Carey Mulligan) und ihren Sohn kennen, die ein Apartment neben ihm bewohnen. Während sein Boss mit Geld des Kriminellen Rose einen Rennstall mit ihm aufbauen will, verbringt der Driver mehr und mehr Zeit mit Mutter und Sohn, bis der Vater aus dem Gefängnis entlassen wird und seine Familie von Gangstern bedroht wird, denen er Geld schuldet. Der Driver beschließt, ihm zu helfen.

Die atemlose Eröffnungssequenz gibt die Stimmung und Atmosphäre des Films vor. Ruhig und (scheinbar) abgeklärt wartet der Driver vor einem Warenhaus, bis seine Kunden mit der Beute herausrennen und das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei beginnt. Das Ganze wird nicht etwa als rasante Verfolgungsjagd inszeniert, sondern als nervenaufreibendes Abwarten, Taktieren und dann blitzschnell Reagieren, als die Schlinge des Gesetzes sich zuzieht.

Diese ruhige Inszenierung zieht sich durch den ganzen Film. Für den ein oder anderen dürften sich dabei in der ersten Hälfte ein paar Längen einschleichen, mir gefiel sie sehr. Nicolas Winding Refn versteht es, dem Film seinen eigenen Stempel aufzudrücken, die Kameraarbeit und die gesamte Optik des Films sind brillant. Die Action und Gewaltausbrüche sind effektiv in Szene gesetzte Eruptionen und schockieren daher umso mehr, verlieren sich aber nie im Selbstzweck.

Der Mittelpunkt des Films ist ganz klar der namenlose Driver, wortkarg und charismatisch verkörpert von Ryan Gosling, einer der kommenden (wenn er es nicht schon ist) Leading Men in Hollywood. Mit wenigen Worten und Blicken legt er das zerissene Innere seiner Figur bloß, und einige Blicke reichen in diesem Film oft aus, um über Leben oder Tod zu entscheiden.

Wenige Blicke reichen ebenfalls aus, um die Romanze zwischen Gosling und der bezaubernden Carey Mulligan entflammen zu lassen, die Chemie zwischen den beiden Jungschauspielern ist hervorragend. Bryan Cranston als vom Leben gezeichneter ehemaliger Stuntfahrer Shannon reiht sich ebenfalls in das großartige Hauptdarstellertrio ein.

Die Schrift auf den Plakaten haben bei mir im ersten Moment Assoziationen mit dem PC-Spiel GTA Vice City geweckt, und ganz enttäuscht wurden diese nicht. Der passende, synthielastige Soundtrack und die Atmosphäre des Verbrechens und der Gewalt, in der ein Einzelgänger seinen Weg sucht, ähneln sich in Film und Spiel. Das kommt ersterem zugute, zugleich hebt ihn aber die Handlung um Irene und ihren Sohn (die einzigen wirklichen Sympathiefiguren des Films) deutlich vom Spiel ab.

Fazit: Ganz großes Kino, nur die Tatsache, das die Handlungsmotive so schonmal vorhanden waren und hier nur sehr schmackhaft neu gemischt wurden, verhindert die Einstufung als Klassiker. Ich freue mich jetzt schon auf Goslings nächsten Auftritt in "The Ides of March" und hoffentlich bald weitere Großtaten von Nicolas Winding Refn.

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