"Politik ist eine Wunde die niemals verheilt"
Es beginnt unerwartet surreal in den ersten 60 Sekunden. Wir sehen schwarze Gestalten mit Kapuzen und plötzlich eine nackte Frau. Sie legt sich breitbeinig vor ein Krokodil auf dem Teppichboden und kriecht dann in das Krokodil….So schräg der Beginn von DER AUFSTEIGER auch ist, danach erleben wir den recht authentischen wirkenden Alltag eines französischen Ministers über mehrere Tage.
Der Grundtenor des Films ist ruhig und er drängt sich dem Zuschauer nicht zwangsläufig mit einer spannenden, komischen oder gar tragischen Geschichte auf. Deswegen werden viele Zuschauer Höhepunkte oder einen wirklichen roten Faden sicherlich vermissen. Es geht mehr um das wie und die charakterliche Analyse der handelnden Personen, den politischen Prozess und die Konkurrenz zu anderen Meinungsführern.
Wir werden Zeuge wie unser Minister seine Entscheidungen in Bezug auf die Mehrheitsfähigkeit genau austariert, wir erleben politische Ränkespiele und wie man als Politiker mit den Medien umgeht und stets versucht oben zu schwimmen. Dies hört sich nicht erstmal nicht spannend an. Ist es auch im Prinzip nicht in diesem Sinne. Man sollte schon ein Faible für Politdramas haben, sonst wird man DER AUFSTEIGER sicher ablehnen.
Aber wenn man sich ein wenig öffnen kann wird man gegebenenfalls Gefallen an den guten schauspielerischen Leistungen der wenigen Protagonisten finden. Von allen politischen Formalitäten abgesehen werden wir aber auch mit den intimen Seiten des Ministers Bertrand Saint Jean (Olivier Gourmet) beim Sex mit seiner Frau, beim Übergeben, betrunken und telefonierend auf der Toilette konfrontiert.
Das Salz in der Suppe und die fein ausgefeilten Dialoge zwischen den diversen Politikern und es gibt einige knackige Sätze die hängen bleiben, wie den des Ministers beim Durchblättern seiner Handykontakte: "4000 Kontakte und nicht mal ein Freund" oder den Rat an seinen scheinbar scheidenden Staatssekretär: "Politik ist eine Wunde die niemals verheilt".
Hier und da gibt es etwas experimentell wirkende Musik die angenehm irritiert und technisch wurde ein paar mal das Handydisplay bildschirmgroß eingeblendet, man sieht SMS an den Minister und seine oben zitierte vielen Kontakte. In der Mitte des Films gibt es eine völlig unerwartete starke handlungsseitige Zäsur. Aber danach geht es weiter wie zuvor. Der Politikeralltag eben.
Diesen wollte DER AUFSTEIGER so nachvollziehbar und normal wie möglich aufzeigen. Wem das zu wenig oder zu unspannend ist wird den Film nicht nachvollziehen können. Allen anderen könnte der sachliche, nüchterne, kühle, ja meist unterkühlte strenge und formalistische Stil des Films zusagen. Mir hat der sehr unterschwellige bissige Charakter des Films gefallen und er gehört zweifelsohne zu den besten Polit-Dramen 2013.
7/10 Punkten