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Wir schreiben die 70er Jahre in einer amerikanischen Vorstadt. Auf den ersten Blick scheinen die Libsons eine Bilderbuchfamilie zu sein - der Vater arbeitet als Lehrer und die Mutter kümmert sich um die fünf herranwachsenden schönen Töchter. Nachdem sich aber die kleinste der Schwestern das Leben nimmt, bröckelt die Idylle. Und als ein gutes halbes Jahr später eine der Schwestern, Lux (Kirsten Dunst), zu spät von einer Verabredung mit Schulliebling Trip Fontaine (Josh Hartnett) nach Hause kommt, bestraft die prüde Mutter alle ihre Kinder, indem sie sie für Monate isoliert von den Außenwelt im Haus einsperrt...solange bis die vier verbleibenden Mädchen beschließen, kollektiven Selbstmord zu begehen. Das Geschehen des Films wird von Jungen aus der Nachbarschaft erzählt, die allesamt eine Auge auf die Schwestern geworfen haben.
Und darin liegt auch das Problem des Regiewerks von Sofia Coppola. Sie wählt die völlig falsche Erzählperspektive und so fehlt dem Zuschauer jedigliche Einsicht in das Tun und Denken der Libson Kinder, die ja eigentlich im Vordergrund stehen sollen. Man erfährt nie wirklich, warum sich die Schwestern letztendlich umbringen oder wie ihr Alltagsleben aussieht, was sie denken oder fühlen. Da kann Roman und Screenplay noch so gut gemeint sein, die filmische Umsetzung ist spartanisch und lückenhaft und die Thematik somit verschenkt. "The Virgin Suicides" versinkt in seiner Oberflächlichkeit und macht nie einen Versuch, daraus aufzutauchen. Mager zieht sich das völlig hohle Werk von Minute zu Minute hin und das Ende weiss bewußt (oder unbewußt?) zu enttäuschen. Einzige Tiefe steckt ab und zu in den Erzählungen und Monologen der Jungs. Manchmal hat man den Eindruck, deren Psyche und Gefühle sind wichtiger, als die der Hauptpersonen.
Traurig auch der Fakt, das sämtliche Emotionen und Gefühle im Keim erstickt werden. Leute sterben einfach so, nichts geschieht, keine Emotionen, keine Bilder...der Zuschauer darf sich glücklich schätzen, wenn er überhaupt erfährt, dass eine der Schwestern irgendwann mal Selbstmord begangen hat. Da nützen auch prominiente Namen wie Kathleen Turner oder James Woods nichts, das minimalistische und karge Drehbuch läßt keinen Raum für schauspielerische Leistungen. Die Akteure können in diesem Fall nicht mehr tun, als ihr Programm runterzuspulen - zur Entfaltung kommt hier keiner. Selbst die sonst immer überzeugende Kirsten Dunst wirkt blaß, auch wenn sie das absolut Beste aus der Rolle macht. Vorwerfen kann man den Schauspielern wirklich nichts, denn sie retten den Film vor der entgültigen Monotonie. Da hilft es dem Streifen auch nichts, hin und wieder ein paar Witzchen zu bringen, die eigentlich wenig amüsant und bei dieser Thematik sowieso komplett fehl am Platze sind. Es stellt sich nach dem Ansehen die Frage nach der Tiefe, nach der Liebe zu Detail und nach einer gerechten Verarbeitung des Grundstoffes. "The Virgin Suicides" ist nicht wirklich schlecht, kann aber in keinem Punkt wirklich überzeugen und beweißt einmal mehr, dass große Namen keine großen Filme hervorbringen müssen.
Schwaches und trotz Bemühungen sehr gefühlskaltes Drama, dass nie einen gewissen Klimax erreicht oder auf irgendeine Art und Weise emotional berührt. Ohne Kirsten Dunst würde diese dahinplätschernde Produktion im Meer der filmischen Nichtigkeit versinken.
Wie besang es einst die amerikanische Post-Hardcoreband "Fear Before The March Of Flames" in ihrem Lied "The Libson Girls, Oh The Libson Girls": "This empty chest. This hollow throbbing. This empty shell." Das trifft den Sachverhalt eigentlich recht gut.

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