Eine einzige große Verkleidung, mit viel Rätseln, Tricks, Macht und Weite, in der das Offensichtliche und auch die Ansage Let the Bullets Fly immer gegeben ist, aber erst darunter und danach die spezielle Bedeutung zur Anschauung kommt. Der mit einem Einspiel vom $134 Millionen finanziell erfolgreichste Film Chinas überhaupt, gestartet zu Weihnachten 2010 und dort in enger paralleler Konkurrenz zu Feng Xiaogangs If You are the One 2, der Fortsetzung eines der zuvor mit einträchtigsten Werkes, und zu einer Zeit, in der die Rekorde nacheinander in rascher Reihenfolge gebrochen, Gewicht und Dimension der landeseigenen Kinoindustrie immer mehr und noch mehr zum absoluten Überfluss zunimmt. Wie eine große Blase, nur diesmal an Inhalt statt an luftleerer Seichtigkeit und darin propagierter Versprechen, oder auch mit Propaganda und Krampf versuchter Glorie gefüllt, steht hierbei tatsächlich eine Arbeit mit Anspruch auf Interpretation und auf Unterhaltung an vorderster Reihe. Ein period Western, in seiner Ikonographie und Topographie mehr The Good, the Bad and the Ugly (1966) als der eigentlich naheliegende The Good, the Bad, the Weird (2008) und somit auch öfters auf Leone und sein Œuvre verweisenden Stil, gleichzeitig eine Komödie, Burleske und Satire, ein big budet Eastern Action Film und doch noch so viel mehr. Basierend auf dem "Tale of the Bandit Official" Kapitel der "The 10 Stories Told at Night" Anthologie von Ma Shitu, eine Geschichte von Fakes, Doppelidentitäten und multiplen Persönlichkeiten:
1919, Sichuan Provinz. Bei einem Überfall des berüchtigten Gangsters Zhang Muzhi aka "Pocky" Zhang [ Jiang Wen ] auf den Zug des neuen Governeurs Ma Bangde [ Feng Xiaogang ] wird dieser mitsamt seiner Wachmannschaft getötet, einzig die Ehefrau und nunmehrige Witwe [ Carina Lau ] und sein Persönlicher Sekretär, der Betrüger Tang [ Ge You ] bleiben noch über. Um ihr Leben zu retten und die vom Ausbleiben einer größeren Beute Enttäuschten zu versöhnen, verspricht Tang auf andere Weise das große Geld. Zhang soll in Form des vermeintlichen Regierungsbeamten in Goose Town einreiten, und sich dort am Volk selber und ihren Steuern bereichern. Allerdings müssen sie bei der Ankunft in der Stadt registrieren, dass diese bereits von Huang Silang [ Chow Yun-fat ], dem inoffiziellen Herrscher sowie Drogendealer und Menschenhändler der Gegend und seinen Helfern , dem Haushofmeister Hu Wan [ Aloys Chen Kun ] und der von Wu Zhichong [ Jiang Wu ] angeführten Milizarmee geschröpft wird. Da dieser 400 Mann starken Einheit nicht mit Gewalt beizukommen ist, versucht es der nur dem Namen und Anschein nach neue Statthalter mit Tricks. Während Huang den politisch erstmal Geschützten zur schnellen und anonymen Beseitigung auf den berüchtigtsten Gangster der Gegend ansetzt. "Pocky" Zhang.
Dabei können Nuancen und Abgliederungen unter dem permanenten Hin und Her des fulminanten Katz-und-Mausspieles gerade bei der ersten Überwältigung und dem massigen Gerede durchaus unter dem groben Blick verloren gehen. Hat die crime caper Erzählung keine wirkliche Etappen und so auch keine Anstiege und Abfälle, sondern nur eine einzige Entwicklung; ein kerniger, im positiven Sinne testosterongeschwängerter und trotzdem geordneter Showdown im wuchtigen Klang- und Bilddesign. Ist so auch schon korpulent zu nennen, aber trotzdem überaus flinken Fuß, mit vielen Wendungen und Schlupfwinkeln. Die Aufnahmefähigkeit ist auch bei den Figuren nicht immer gegeben, wird sich dort auch bis zum Tod im Gegenüber und seiner Echtheit, nicht bloß in Bezug auf Aussagen und Motiv, sondern schon in der Identität selber vergewissert. Denn sicher sein kann man sich nicht. So sieht sich Tang, der eine andere Rolle eingenommen hat, einem vermeintlichen, oder doch tatsächlichen Gangster gegenüber, der sein eigenes Ich in Form eines Trittbrettfahrers jagen muss, und einem Despoten, der sich zur Gefahrenabwehr mit einem identischen Double umgibt. So ist nicht nur das Panorama ständig, sondern auch der erzählerische Inhalt trotz oder gerade wegen ganzen neun Überarbeitungen des Skriptes, von sechs Autoren, mit zusätzlich verschiedenen Ende zu voll, die Masken zu ähnlich bis gleichend aufs Haar, das Zweckmäßigkeitsprinzip scheinbar oft ausgerenkt. Wahre Gestalten und ihr Wesen verschwinden hinter allgemeinen, aber deswegen auch schnell und einfach zu spielenden Trieben, dem Lockruf des Geldes, der Vergeltung nach Rache, dem Streben nach Macht. "Have I come to the wrong place ? Or at the wrong time?" lautet einmal die Frage, adäquat zu richtig oder falsch, wahr oder unwahr.
Ein großes Schauspiel wird geboten, nicht nur im finanziellen Aufwand der 18 Millionen Dollar Produktion, gedreht in der südchinesischen Provinz Guangdong, deren Schauplätze bzw. Wechsel derer sich zumindest angenehm in Grenzen halten, dann aber auch prachtvoll verpackt und von gleichzeitig edlen und das alte Setting junkerlich und trotzdem bodenständig mit Zitadellen, Stadtmauern, wie aus Stein gehauenen Häusern widerspiegelnd sind. Repräsentation der Wirklichkeit und der Unwirklichkeit auch in den sonstigen Dekorationen, wie den überfallenden Zügen und Wagenkolonnen, der dafür eifrig benutzten Schusswaffen, oder der Kleidung bzw. der Tarnung auf Stoff, in dem die Widersacher stecken. Eine Anpassung an die Zwanziger vergangenen Jahrhundert, der age of warlords, als Ära von Zwischenzeit, nach der Xinhai Revolution 1911, vor dem Bürgerkrieg 1927, eine Übergangsperiode, ja nicht zu bunt, kostümiert und auffallend, aber trotzdem den Geist von auch cinematographischen Kostüm, also Bühnenkleidung atmend.
Eine Verhüllung, von und voll mit Symbolen. Gesellschaftliche und politische Wortwendungen, Redensarten an das blinde und an das sehende Volk, subtil und banal und comigal. Eine Kundgebung mit Ansprachen an das Publikum, dass die Worte allerdings nicht nur hören und auf der Sachebene verstehen, sondern die Aneinanderreihungen und Verknüpfungen dahinter beachten muss. Die Handlung von der Jagd nach dem Gelde, erst aus und mit Spaß, dann bald als Ernst mit Widersinn, als schon zusammenfassende Einheit, aber auch vielen Einzelstücken. Dabei ist die Beweglichkeit von Dramaturgie und Inszenierung und Schauspiel auch immer gegeben, muss der Fluss der Kombinationen aufgrund der vielen angespannten Bluffs, der noch ungelösten und zunehmend schwerer werdenden Aufgaben und der darüber sich selber in Rätseln verstrickenden Personen auch ständig regelrecht am Laufen gehalten werden. Dabei hat man analog zu den Bildern auch die Zielpersonen immer im Visier eines Fernglases bzw. Zielfernrohres, sei es nur, um den Gegenüber zu beobachten, abzuschätzen oder auszuschalten. Das hohe Tempo dabei kann nicht mal verwirren, aber durch sensorische Überlastung verschrecken und abstoßen, ist das Gebotene auch eine gestopfte, nahezu gesättigte Konsumpalette, zwischendurch gar ein Fass ohne Boden, folgt auf jede Weisheit auch eine Allgemeinheit oder Binsenwahrheit.
Oder eine Actionszene im schnellen und trotzdem übersichtlichen Redigieren, wird dem Titel auf jeden Fall Rechnung und die Gewehre und Pistolen nicht bloß zum Zeigen herumgetragen. Hohe Verluste vor allem auf Seiten nach namens- und meist auch gesichtslosen Handlanger werden durch erstaunlich eisernen Schnitt, stramme strategische Kriegskunst, durchaus seine Gewalttätigkeiten zeigenden Attentaten und Gegenwehren illustriert, ganze Züge durch die Luft gesprengt, von Kugeln gepeitscht durch das ländliche Unterholz gerannt oder der Feind und sein Lager per Dauerbeschuss im nächtlichen Schlaf überrascht.