Review

Die Waffen der Liebe

Godards zweite Regiearbeit (auch wenn zeitlich teils versetzt veröffentlicht) stand - wie fast alles, was er unter kritischen Augen und hohen Erwartungen in den 60ern noch machte - im übergroßen Schatten von "Breathless", seinem legendären und schon alles enthaltenden, perfekten Regiedebüt. Doch auch "Le Petit Soldat" ist ein sehr sehenswerter, kluger und stilsicherer kleiner Film über einen Mann, der sich Herz über Hirn in eine Frau verliebt (wer könnte es ihm bei Anna Karina verübeln, da stimmt Godard sicher selbst am ehesten zu, da er sie später heiratete!) - mitten im Algerienkrieg, zwischen den kriegerischen und sozialen Parteien, Schichten und Vorurteilen, entgegen aller Vernunft und dem Kopf...

Ein Liebesbrief an Genf

"Der Kleine Soldat" ist zwar eher eine weitere, frühe Stilübung für Godard, doch wenn man ihn etwas losgelöster von den möglichen und damaligen Erwartungen nach seinem massiven Debüt betrachtet, dann ist er locker eines seiner ergiebigeren und runderen Frühwerke. Er funktioniert als Stilblüte und als Geschichte, als politisches Statement und Film Noir, innerhalb der Nouvelle Vague sowie als unglücklicher Liebesfilm. Damals verkannt, verlacht, verpönt und vernachlässigt. Heute ohne geringsten Zweifel eine Wiederentdeckung wert. Und nur flotte 85 Minuten lang. Sicher nicht Godards beste Leistung oder "er" komplett und rund. Aber mal ganz flockig eines seiner wegweisenderen und generationenverbindenderen Werke. Die Balance, das Pacing und die Sprunghaftigkeit stimmen hier meiner Meinung nach gut. Nie zu pulpig, nie nur stylisch, nie zu augenzwinkernd oder (selbst-)referenziell, verkopft oder artifiziell. Von allem etwas - aber nie abstoßend oder intellektuell-abgeriegelt. Gangster, politische Intrigen, gesellschaftliche Zwickmühlen, gefährliche Machismen, traurige emotionale Zwickmühlen. Sicher nicht gänzlich ohne Leerlauf oder leicht eingeschlafene Füße. Manchmal stolpert der Film etwas. Oder setzt sich einfach hin und guckt in die schöne Landschaft. Oder auf Frau Karina. Doch er fällt nie um, er nickt nie weg oder plumpst den steilen Abhang des Stils hinunter. Und manch ein Bild und Moment ("Hitler" mit Waffe aus dem Auto) oder gar ganze Sequenz (Wasserfolter) sind schlicht genial und sogar ungewöhnlich für Godard teils recht nah am "Terror- und Horrorfilm", sodass es Bonuspunkte bei mir gibt.

Stoßverkehr der Kontraste

Fazit: schöner, früher Godard, der genauso schnippisch wie stylisch, politisch wie filmtechnisch relevant bleibt - und dabei seine Hauptfiguren und Gefühle zum Glück nie (ganz) vergisst!






Details
Ähnliche Filme