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"WELCOME TO ROYSTON VASEY - YOU'LL NEVER LEAVE".
Das erste, und für so manchen das letzte, was gewillte Besucher des nordenglischen Städtchens auf dem Schild am Ortseingang lesen. Es sei denn, sie kommen tatsächlich an Tubbs und Edward vorbei, den beiden degenerierten Ladenbesitzern. Die betreiben ihren "Local Shop" aus- und nachdrücklich nur für "Local People" und denken gar nicht daran, Fremde ungeschoren davonkommen zu lassen. Vor allem nicht, wenn die keinen Schwanz haben und Straßen bauen wollen. Haben Ortsfremde dieses Hindernis hinter sich gelassen, mögen sie doch bitte nicht von den Spezialitäten des ansässigen Metzgers kosten, wenn ihnen ihre Gesundheit lieb ist. Auch die Auswahl der Herberge muss mit Bedacht gewählt werden, eine Unterkunft bei Familie Denton sollte vermieden werden. Aber die haben ja eh mit ihrem Neffen schon einen Untermieter, der auch überhaupt nicht mehr weg will. Schon eher zu empfehlen ist die Besichtigung des Höhlensystems, dem traumatisierten Fremdenführer ist meistens zu trauen. Und dann gastiert noch der Zirkus. Ja, der Zirkus...

Die genannten Facetten der Geschichte sind nur einige wenige Handlungsstränge dieser BBC-Comedy. Kritiker bemühen oft Eckpfeiler und Referenzpunkte, um die Serie zu kategorisieren, von "Twin Peaks" bis zu den großen "Monty Python". Doch alles läuft ins Leere, die vier Ligamitglieder entziehen sich und spotten jeder Beschreibung. Keine eigene Liga ist es, in der sie spielen, sondern eine eigene Sportart. Ein unnachahmliches Pendeln zwischen Lachen und Grauen. Typisch englisch und doch in dieser Form bisher nicht dagewesen. Illustriert mit großem Aufwand, sei es technisch, maskenbildnerisch ( die vier Darsteller, von denen einer eher mehr an den Drehbüchern feilt, spielen über drei Staffeln hinweg mehr als 60 Rollen ) oder ausstattungstechnisch, wird die Comedy mit allen ihren Subgenres lustvoll mit Horrorelementen abgeschmeckt, zitiert, konterkarikiert, ins Surreale verzehrt, in der Erzählweise gebrochen, um daraus kein schmackhaftes Süppchen, sondern einen dicken Brocken zu kochen, der so manchem im Hals stecken bleiben wird.

Dabei erweist sich die Truppe als ebenso genauer und gewissenhafter wie -loser Beobachter der englischen Volksseele, die präzise seziert wird. Ob Rassismus, Homophobie oder die selbstgewählte Isolation der englischen Inselbewohner von den Kontinentaleuropäern, unter dem Mantel und hinter der Fratze des mal brachialen, mal subtilen, oft absurdem und gelegentlich albtraumhaftem Jokus findet sich stets ein Subtext, mit dem die "League Of Gentlemen" die sozialen, politischen und gesellschaftlichen Befindlichkeiten im heutigen England bissig kommentiert.

Ein Blick durch die Hintertür der Hölle, schrieb einst Stephen King über Derry im US-Bundesstaat Maine, und er hätte auch Royston Vasey meinen können. Ein Blick in die Abgründe der menschlichen Seele, und wenn die vielleicht nicht immer bodenlos sind, verdammt tief sind sie auf jeden Fall.

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