"Für die Sendung anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Figaro Magazine haben fünf Filmemacher einige Minuten zur
Verfügung, um ein Porträt der Franzosen zu entwerfen. Jean-Luc
Godard macht genau das Gegenteil und beschließt, kein Bild von
Frankreich zu zeigen, sondern die Stimmen Frankreichs
aufzunehmen.
Er stellt eine Liste mit einer gewissen Anzahl von Aussprüchen
zusammen, geistreiche Bemerkungen berühmter Menschen, die ihnen
in ihrem letzten Atemzug entglitten. Darunter auch die Valentin
Feldmanns, ein junger Philosoph, dessen berühmte letzte Worte
für seine Henker bestimmt waren: "Ihr Dummköpfe, ihr seid
es doch, für die ich sterbe."
In einer Landschaft der Haute-Savoie treffen um ein Haus, einen
See herum Vergangenheit und Gegenwart aufeinander. In dieser
Natur, in diesem Nachkriegslicht, sind Männer und Frauen in
heller Aufregung. Zwischen den Schreien gehen deutsche Soldaten
umher. Der Tumult erfaßt auch zwei Männer, einen Geiger und
einen "Besucher", der an den Ort der Tat zurückkehrte,
um die Stimme und die Geschichte seines Vaters, ein ehemaliger
deutscher Offizier, wiederzufinden. Der stumme Geiger ist kein
anderer, als der Sohn des hingerichteten Häftlings. Alle beide
sind die Erben und das Gedächtnis des Verbrechens, des Henkers
und des Opfers. Die vergangene Geschichte kehrt stückchenweise
wieder zurück, durch das leise Rauschen der Bäume, die
Resonanzen der Musik, als könne der Klang allein die zeitlichen
Grenzen überwinden. Godard übernimmt Phrasen der Musik von
Bach, genauso wie er die letzten Worte des zum Tode Verurteilten
stiehlt, ein vibrierendes Echo ihres letzten Kampfes."
Stéphanie Moisdon
http://www.newmedia-art.org/cgi-bin/show-oeu.asp?ID=150000000034384&lg=ALL