Polizeisergeant Timothy Shaver (George Segal) ist das Enfant Terrible des Vancouver Police Departements. Nach einer handfesten Meinungsverschiedenheit mit seinem Vorgesetzten ist er vorerst vom Dienst freigestellt. Doch im Vorfeld eines Staatsbesuches des sowjetischen Obermuftis Alexei Kosygin tritt die CIA mit einem pikanten Auftrag an ihn heran: Er soll den sowjetfeindlichen Agenten Rudolf Henke aus dem eigenen Lager zwischenzeitlich außer Gefecht setzen. Schließlich ist diesem Henke alles zuzutrauen, nachdem dessen Familie vom Ostblockregime zur Strecke gebracht wurde. Shaver ist not amused und will mit illegalen Aktivitäten nichts am Hut haben - aber bei Erfolg winkt ihm die Rückbeorderung in seinen alten Beruf. Also lässt er sich auf ein gefährliches Spiel ein, in dem auch der KGB ordentlich mitmischt.
Soviel zur Quintessenz des Kalten-Krieg-Agententhrillers "Russian Roulette". Doch bis der Betrachter (und auch der Protagonist) wirklich dahintersteigt, was hier eigentlich gespielt wird, gehen erstmal geschlagene 45 Minuten ins Land. In dieser Zeit wird der Beobachter mit zahlreichen Charakteren konfrontiert; zweilichtige Gestalten betreten die Szenerie und verschwinden so mir nichts, dir nichts im Fraser River, ohne dass dies so richtig der Plotentwicklung dient. Dafür gibt es allerhand skurille Momente mit auf den Weg, die wohl größtenteils (aber nicht ausschließlich) der deutschen Synchro geschuldet sind.
Das merkwürdig-banale Eröffnungsgespräch, in dem Shaver nicht wirklich überredet werden muss, damit er diesen unmoralischen Auftrag annimmt, wurde ja bereits in der kurzen Zusammenfassung angedeutet. Dann gibt es noch den penibel gestriegelten Auftragskiller, der in zwei langen Sequenzen vorgestellt wird, der aber, ohne in Aktion getreten zu sein, flugs wieder baden geht. Bei seiner Ankunft im Hotel entlohnt er den alten chinesischen Kofferjungen fürstlich mit den Worten: "Kauf dir ein paar neue Haare, du hast sie nötig." Der hat gesessen. Und als ob das nicht genug wäre, bekommen wir in der nächsten Szene den abtrünnigen CIA-Agenten Henke präsentiert, der sich mit guten, alten Rentner-Scherzen über Wasser hält:
Ein paar kanadische Lausbuben spielen Straßenhockey, der Ball rollt vor die Füße des verschwörerischen Fieslings. Die Kinder wollen weiterspielen, doch was macht Mr. Henke? Er pfeffert den Ball durch das nächste geschlossene Fenster. Der Hausbesitzer ist natürlich sofort zur Stelle, die Rotzlöffel gehen stiften und Henke lacht sich eins ins Fäustchen. Aus dem Off dudeln funkige 70er Jahre-Beats.
"Das kann doch gar nichts mehr werden", ist der erste Gedanke, der durch den Kopf schießt. Doch schmerzlose Allesgucker wie DrBres harren aus. Diesmal mit Erfolg. Denn ist erstmal klar, woher der Hase läuft, entwickelt zur Mitte des Streifen eine flotte Agentenhatz mit anständig inszenierter Action und einem soliden Spannungsbogen.Der Showdown über den Dächern Vancouvers ist sogar recht spektakulär ausgefallen, auch wenn weiterhin kleine bis mittelgroße Logiklöcher in der Plotdecke klaffen. Warum ein Ochse von einem Mann nach einem Nackeneinstich mit einer Gartenkralle, die es in jedem Teleshop handelsüblich zu erstehen gibt, tot zusammenbricht, eine wüste Schießerei auf dem Dach während der offiziellen Parade unentdeckt bleibt und ein Hubschrauber ohne weiteres mit einem Lee Harvey Oswald-Gedächtnisgewehr vom Himmel zu holen ist - darüber sollte sich jetzt auch keiner mehr Gedanken machen. Über die Tatsache, dass die bösen Sowjets selbst ihren eigenen Staatschef ins Nirwana schicken wollen, erst recht nicht.
Fazit: "Russian Roulette" ist ein brauchbarer Agententhriller, der zäh anläuft, dank eines Hauchs von Trash aber zu unterhalten weiß. Auftrag erfüllt - wenn auch mit Ach und Krach. (5/10)