Obsession, der dt. Titel dieses Horrorepisodenfilmes, lautet im Original Little Deaths, die englische Übersetzung des französischen Begriffes La petite mort (der kleine Tod).
La petite Mort bezeichnet die Sensation des Orgasmus in Verbindung mit dem Tod, da der Orgasmus mit dem Vergießen des Sames auch gleichzeitig eine Art Verlust ist. So dreht sich Obsession, obwohl im Horrorgenre verhaftet, mehr um die Themen Sex, Tod und menschliche Perversionen.
Im Gegensatz zu Klassikern des Horrorepisodenfilmes wie Geschichten aus der Gruft (1972), Creepshow, Katzenauge oder Asylum gibt es bei Obsession keine Rahmenhandlung die die Episoden miteinander verbindet.
Jede Episode steht für sich allein was dann auch mehr in Richtung einer Kurzfilmsammlung geht.
Ich werde im Folgenden jede Episode einzeln besprechen.
Haus und Heim
Richard (Luke de Lacey) und Victoria Gull (Siubhan Harrison) sind ein gut begütertes Ehepaar mit eignem Haus, einem schicken Auto und haben ansonsten keine großen Sorgen.
Außer das Richard und Victoria pervers sind und unter dem Vorwand der christlichen Nächstenliebe den weniger Glücklichen der Gesellschaft, obdachlosen jungen Frauen, ein warmes Bad, ein gutes Essen und Wein anbieten nur um ihre Opfer dann in einem Raum des Hauses sexuell zu missbrauchen.
Ihr neuestes Opfer ist Sorrow (Holly Lucas) die mit ihrem Freund (James Oliver Wheatley) im Stadtpark haust.
Nachdem Richard Sorrow zu sich nach Hause eingeladen hat und diese beim Abendessen mit seiner Frau den mit Betäubungsmitteln versetzten Wein getrunken hat wacht die junge Frau an ein Bett gefesselt in dem Raum auf wo Richard und Victoria auch ihre bisherigen Opfer missbraucht haben.
Doch Sorrow ist nicht so wehrlos wie ihre Peiniger glauben...
Haus und Heim, der erste Film, ist ganz der alten Tradition Geschichten aus der Gruft verpflichtet.
Denn auch hier erhalten Richard u. Victoria für das Böse das sie getan haben die Rechnung...
Obwohl Haus u. Heim seine Handlung kurz und knackig erzählt sind die Charaktere interessant gestaltet.
Richard ist gläubiger Christ (er hat ein Kreuz als Halsanhänger, er bekreuzigt sich) und hat (offenbar) auch (sehr, sehr) leichte Gewissensbisse aber seine perversen Begierden sind stärker und in den Szenen wo er Sorrow missbraucht (u. a. uriniert er über sie) wird klar das unter der Oberfläche des christlichen Wohltäters ein Mensch lauert der (wie schon in der Bibel geschildert) es verdient hätte mit einem Mühlstein um den Hals ertränkt zu werden.
Zwar wird Richard am Ende nicht ertränkt aber sein Schicksal ist schlimmer als das von Victoria (die vergleichsweise einen schnellen Tod erleidet).
Victoria ist hingegen ganz anders.
Während Richard mehr davon angetörnt ist das ihm hilflose Mädchen / Frauen ausgeliefert sind geht es Victoria (neben dem Genuss ihre Perversionen ausleben zu können) darum den Opfern klar zu machen das diese, aus der Sicht des Paares, nutzlose Parasiten der Gesellschaft ohne Rechte sind während Victoria und ihr Mann hart für ihren Besitz hart arbeiten mussten und deswegen das Recht haben mit den weniger erfolgreichen Mitgliedern der Gesellschaft verfahren zu können wie sie wollen.
Natürlich kann diese Art von Lebensphilosophie (besonders in einem Horrorfilm) nur negative Folgen haben. In diesem Fall für Richard und Victoria.
Auch scheint Victoria nur noch vom Missbrauch der obdachlosen Frauen sexuell erregt zu werden:
So will Richard zu Beginn Sex mit ihr haben doch Victoria beißt ihn dafür in die Hand und erinnert ihn daran doch wieder mal ein neues Opfer zu besorgen.
Allerdings wird nie gesagt das Richard und Victoria Serienkiller sind (aber auch nicht verneint). Beide sind wohl mehr Perverse die von ihren Opfern (wegen deren gesellschaftlichen Situation) keine Gefahr sehen.
Einziger Negativpunkt: Die Natur von Sorrow und ihren Freunden wird nie erklärt. Regie führte Sean Hogan (Lie Still, The Devils Business).
Die Mittel des Mutanten
Jennifer (Jodie Jameson) arbeitete früher als Prostituierte ist aber nun mit ihrem ehemaligen Zuhälter Frank (Daniel Brocklebank) zusammen.
Für Frank ist Jennifer als Drogenkurier unterwegs und verkauft den Stoff an die zahlungswilligen Abnehmer. Doch auf dem Rückweg von einer solchen Unternehmung wird Jennifer Opfer eines Überfalls und ihr das Geld aus dem Drogenverkauf gestohlen.
Da sie beim Überfall verletzt worden ist schickt Frank sie zu Dr. Reese (Brendan Gregory) der sie untersuchen soll. Beim Doktor erzählt Jennifer dann auch von ihrer früheren Drogensucht und der sie dann auch manchmal wieder nachgibt.
Dr. Reese verschreibt ihr dann daraufhin ein neuartiges Medikament welches als Nebenwirkung u. a. Halluzinationen auslösen kann.
Sollte es Probleme geben kann sie sich jederzeit bei ihm melden.
Und schon bald treten die Nebenwirkungen auf:
Berührt Jennifer einen anderen Menschen so sieht sie Dinge die dieser getan hat. So auch bei Frank den Jennifer in einer Vision beim Überfall auf eine Frau sieht der dann ein Organ aus dem Körper geschnitten wird.
Und leider sind diese Visionen keine Halluzinationen.
Die Tabletten die Dr. Reese ihr verschrieben hat sind aus dem Sperma eines Mutanten (Rob Boyce) gemacht der in einem Labor von Reese und dessen Helfern gefangengehalten wird. Dieser Mutant hat einen riesigen Penis aus dem pausenlos Sperma in einen bereitgestellten Eimer tropft. Selbiger Mutant bekommt als Nahrung die Organe die (der über die Verwendung ahnungslose) Frank für Reese besorgt. Und auch wie die vorherigen Konsumenten der Pillen geht Jennifer (ohne es zu ahnen) mit dem Mutanten eine telepathische Verbindung ein...
Obige kurze Schilderung hört sich zuerst nach Trash in reinster Form an doch Regisseur Andrew Parkinson (Dead Creatures, I Zombie) liefert mit Die Mittel des Mutanten einen Film in der Tradition von David Cronenberg ab.
Tatsächlich wäre Die Mittel des Mutanten durchaus für einen Langfilm von der Hand Cronenbergs geeignet.
Genau wie in Cronenbergs früheren Filmen wie Shivers, Rabid oder Die Brut geht es in in Die Mittel des Mutanten größtenteils um körperlichen Horror.
Doch im Gegensatz zu den Forschern in Cronenbergs Filmen, die eigentlich immer nur das Beste wollen aber durch ihre Forschung Apträume auf die Menschheit loslassen, ist Dr. Reese ein eiskaltes Monstrum für den das Opfern von Menschenleben als Preis für seine Forschung billigend in Kauf genommen wird.
Die Hintergrundgeschichte des Mutanten, auch nur ein bemitleidenswertes Opfer, ist ebefalls sehr interessant und würde sich auch gut für einen Langfilm machen:
So wurden die Nazis als Erste auf die Mutanten aufmerksam und führten unmeschliche Experimente durch.
Dabei stellte sich dann heraus das das Sperma der Mutanten als Tabletten eingenommen bei anderen Menschen das dritte Auge öffnet, also den Betroffenen übernatürliche Fähigkeiten verleiht (Telepathie, Visionen etc.).
Die Mittel des Mutanten ist vom Inhalt zwar grotesk aber total ernst inszeniert.
Freunde von Cronenbergs Filmen sollten auf alle Fälle einen Blick riskieren.
Luder
Pete (Tom Sawyer) lebt mit Claire (Kate Braithwaite) zusammen die unter einer panischen Angst vor Hunden leidet. Aber anstatt zu einem Therapeuten zu gehen veranstaltet Claire zu Hause mit Pete bizarre SM- Spiele bei denen dieser nackt eine Hundemaske tragen muss.
Auch hat Pete statt eines Bettes in seinem kahlen Zimmer eine Hundehütte stehen in der er auch schläft.
Claire genießt die SM -Spiele doch für Pete sind diese mittlerweile eine Qual.
Auch macht es Claire Freude ihn bloßzustellen (z. B. als Petes Freund Al (Tommy Carey) zu Besuch ist). Als Claire dann mit Al Sex hat und Pete dies mitbekommt lößt dieses etwas in ihm aus und er überlegt sich einen Plan um mit Claire abzurechnen...
Der dritte und letzte Film, inszeniert von Simon Rumley (Red, White & Blue, The Living and the Dead) ist der längste der drei Filme aber deswegen nicht weniger verstörend.
Obwohl Claire und Pete sich gegenseitig immer wieder fertigmachen (so pinkelt Pete wie ein Hund in Claires Wäschekorb woraufhin diese in an die Hundeleine nimmt und "bestraft") gibt es zwischen den Beiden dann auch Momente von Zuneigung. Auch wird Claire nicht als komplettes Monster dargestellt.
Als Pete sein Hundehaus abreißt sieht man ihr ihre Verwirrung und den Schmerz wegen Petes Entscheidung an und man erblickt eine Frau die keinen anderen Weg gefunden hat um mit ihren Ängsten umzugehen. Doch die Lage ist längst eskaliert.
Bei Pete, der Claire und Al beim Sex beobachtet hat (eine beunruhigende Szene), ist etwas eingebrochen und den Rest des Filmes arbeitet er an der Umsetzung seiner (kranken) Racheidee. Die letzten Szenen von Luder sind dann auch eine Ohrfeige mitten ins Gesicht und unangenehm zu betrachten (wenn man nicht komplett abgestumpft ist).
Fazit:
Obsession ist definitiv ein Film für Freunde des ernsthaften Horrofilms und des Werkes von Clive Barker (Hellraiser).
Von Trash keine Spur. Sämtliche Filme sind in kühlen Farbtönen inszeniert (was zur tristen Umgebung der Protagonisten passt) und ernst umgesetzt worden. Sämtliche Darsteller leisten großartige Arbeit und die dt. Synchro ist auch sehr gut gelungen.
Obwohl FSK 18 gibt es in Obsession nur wenig Splatter und Blut zu sehen.
Das verstörende Potential liegt mehr in den sexuellen Inhalten / Grenzbereichen der drei Filme.
Eine Ausleihe ist Obsession jederzeit wert. (10/10)