RED NIGHTS (LES NUITS ROUGES DU BOURREAU DE JADE, Frankreich/Hong Kong/Belgien 2009, Regie: Julien Carbon, Laurent Courtiaud)
Die französische Diebin Catherine Trinquier (Frédérique Bel) kommt eher zufällig in den Besitz einer antiken Jade-Box, die wohl dem Henker des ersten chinesischen Kaisers gehörte. In Hong Kong will sie das gute Stück auf dem Kunstmarkt absetzen, gerät allerdings an die Kunstsammlerin Carrie Chan (Carrie Ng), die bereit ist für das Objekt ihrer Begierde über Leichen zu gehen...
RED NIGHTS beginnt bereits mit kuriosen und extravaganten Einfällen, die so auch einer sadomasochistischen Phantasie entsprungen sein könnten. Ein experimentelles Spiel aus Machtausübung und devoter Beugung, welches in einem Spielfilm kaum erotischer und intensiver inszeniert sein könnte, eskaliert jedoch durch die sadistische Macht- und Beherrschungsphantasie der Antagonistin. Bereits in den ersten zehn Minuten der Laufzeit wird so die Marschrichtung vordefiniert, die der Film im Folgenden beibehält. Eine relativ lapidare Thriller-/ Krimigeschichte, die weder Überraschungen noch sonderlich viel Spannung bereithält, ist um stark ausbalancierte, sehr erotische und bisweilen unfassbar heftige Segmente von brutaler Exzesse und Gewalt herum konstruiert worden. Die Rahmenhandlung eröffnet diverse Möglichkeiten einer Weiterentwicklung der Geschichte, erzeugt sogar an einigen Eckpunkten das Interesse am Fortgang der Erzählung, die sowohl Potenzial in Richtung Rachedrama als auch in Richtung Hochglanz-Thriller gehabt hätte. Für eine handfeste und ansprechend weiterführende Richtung wird jedoch keine Entscheidung gefällt. Stattdessen wird ein spannungsarm inszeniertes Hin und Her zwischen den beiden Protagonistinnen (die beide mit recht wenigen Sympathiepunkten auskommen müssen) als Lückenfüller zwischen den Gewaltexzessen aufgesetzt, welches in nahezu allen Belangen den Eindruck eines zu schnell und zu einfach konstruierten und vor allem lieblosen Handlungsgerüsts erzeugt. Ein offensichtliches Resultat eines uralten Kodex unter Drehbuchschreibern, der eine Art Handlungszwang vorschreibt. Diesem wurde spürbar lustlos und hastig nachgegangen um die ästhetischen Einfälle und Praktiken verpacken zu können und als Film jenseits des Fetischregals in der lokalen Videothek anbieten zu können. RED NIGHTS ist als ernstzunehmender Film, als (Spionage-)Thriller, Krimi oder was auch immer, in nahezu allen Belangen ziemlich arm an Kreativität und erzählerischer Raffinesse. Allerdings ist er durchweg schön inszeniert. Einen Mangel an erzählerischen Qualitäten wussten Julien Carbon und Laurent Courtiaud durch ein sensibles Gespür für ansprechende Bilder zu kompensieren, wenn auch nicht vollends auszugleichen.
Neugierigen, die in puncto filmischer Brutalitätsinszenierung nicht zartbesaitet sind, sei dennoch ein Blick in die RED NIGHTS angeraten, denn jenseits der banalen Terrorkino-Faustregel „schneller, härter, ekliger“ werden ausgewogene, jedoch auch extrem harte und dabei aber immer sehr ansehnliche und innovative Momente geschaffen. Das diese letztlich durch eine lieblose Krimi-Geschichte zusammengehalten werden, die in einem bizarren Standard-Action-Finale münden ist jedoch sehr ärgerlich. Der Unterhaltungswert außerhalb der Mord-Sequenzen ist kaum der Rede wert, einen gewissen ästhetischen Reiz, der definitiv vor dem Totalausfall bewahrt, kann man jedoch ebenso wenig absprechen.