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Es verwundert mich ein bisschen, dass man diesen überaus patriotischen Superhelden nicht schon früher aus der Mottenkiste gekramt hat. Die Comics nebst Fernsehserie sorgten für den hohen Bekanntheitsgrad, während die beiden Fernsehfilme und der Kinofilm kaum der Rede wert sind. Doch nun feiert "Captain America" sein großes Comeback, denn die Filmemacher haben das Potential diverser Comicverfilmungen entdeckt. Natürlich geht es bei diesem sehr jugendfreien Projekt nur um möglichst hohe Einspielergebnisse, immerhin setzte man stolze 140 Millionen Dollar für die Umsetzung ein. Und Regisseur Joe Johnston (Jumanji, Jurassic Park III) macht genau da weiter, wo er mit "Wolfman" aufhörte, nämlich im Durchschnittsbereich unter zuhilfenahme extrem vieler Animationen. Doch wie der Titel "The First Avenger" schon sagt, muss unser Superheld erst erschaffen werden und wer wäre dafür besser gegeignet als ein schmächtiger und herzensguter Mensch der schon fünf Einberufungsbescheide ausgefüllt hat, jedoch immer als untauglich eingestuft wurde. Allein schon diese patriotische Grundeinstellung seinen Beitrag im zweiten Weltkrieg leisten zu wollen reicht aus, um an diesem Experiment teilzunehmen. Und dann entpuppt sich dieser Steve Rogers (Chris Evans) auch noch als mutigster seines Zuges und wirft sich während der Übung auf eine Fake-Granate. Nun hat er Dr. Abraham Erskine (Stanley Tucci) und auch Colonel Chester Phillips (Tommy Lee Jones) vollends überzeugt und darf gegen die Organisation Hydra in den Kampf ziehen.

"Heil Hydra" darf es da immer heißen, wenn der größenwahnsinnige deutsche Wissenschaftler Johann Schmidt (Hugo Weaving) alias Red Skull, seine große Anhängerschaft motiviert. Und ihn gilt es für Rogers auch aufzuhalten, denn er will die ganze USA in Schutt und Asche legen mit Hilfe einer Wunderwaffe.
Jedoch entpuppt sich Red Skull als enttäuschender Gegenspieler, der Captain America kaum etwas entgegenzusetzen und sich meist in der Defensive befindet. Die Geschichte um eine Wunderwaffe ist dermaßen krude, schließlich kommt diese seltsame Kraft aus einem kleinen Würfel, den Red Skull aus einer Kathedrale in Norwegen raubt. Was es damit auf sich hat, wird nie richtig erklärt, jedenfalls lassen sich mit dieser Macht wahre Wunderwaffen erschaffen, die Menschen nicht nur töten sondern gleich in eine Staubwolke verwandeln. Und da wären wir beim nächsten Kritikpunkt, denn der Film spielt während des zweiten Weltkrieges, setzt jedoch optisch viel zu sehr auf Schauwerte. Damit meine ich Bauten, Maschinen oder Waffen die während der 40er Jahre nicht existierten. Man nehme nur mal die Agentin Peggy Carter (Hayley Atwell) die der Zeit weit voraus ist. Bei einigen Sets setzt man tatsächlich auf eine authentische Optik und da wir uns in einer Cimocverfilmung befinden ist ein gewisser Grad an Übertreibung logisch, doch hier geht man maßlos zu weit und macht die ganze nostalgische Stimmung kaputt. Dafür sorgen teilweise schon die zahlreichen CGI-Effekte, die meist immerhin auf sehr gutem Niveau sind. Der Score von Alan Silvestri bleibt dabei erschreckend austauschbar und fährt meist heldenhafte Musik, die nur so vor Pathos trieft.

Jedoch weiß "The First Avenger" abseits aller Kritiken gut zu unterhalten. Denn obwohl sich Johnston für die Hauptfigur Steve Rogers viel Zeit nimmt, ist der knapp zweistündige Film durchweg zackig erzählt, auch wenn man knapp eine Stunde warten muss, bis unser Held in Aktion tritt. Die Liebesgeschichte zwischen Steve und Peggy ist da eher Randdekor, genauso wie die Freundschaft zu James Buchanan (Sebastian Stan), dessen späteres Ableben noch für ein paar Emotionen sorgen soll. Und actionmäßig fährt Johnston besonders in der zweiten Filmhälfte einiges auf. Prügeleien und Schießereien die in wahren Zerstörungsorgien enden, um jede Härte wird herumgefilmt und richtig spektakulär wird es nie. Dennoch reicht es für ein moderates Feuerwerk und lückenlose Unterhaltung, wobei man sich die pseudo-coolen Sprüche der US-Soldaten hätte sparen können. Und so gelingt auch der Transfer von Captain America in die Gegenwart, auch wenn die finale Konfrontation zwischen ihm und Red Skull eher enttäuscht.
Mit Chris Evans (Push, Street Kings) hat man jedenfalls den passenden Hauptdarsteller gefunden, auch wenn er in die Rolle mehr Gefühle mit einbringen könnte. Hugo Weaving (Matrix, V wie Vendetta) ist als Fiesling eine Bank, genauso wie der kernige Tommy Lee Jones (Men in Black, Auf der Jagd). Hayley Atwell (Die Herzogin, Die Säulen der Erde) dient nur als Augenfutter und der restliche Cast geht im Getöße unter.

Kindgerechte Superhelden-Action mit viel zu viel Pathos und einer sehr kruden und simplen Story. Überfrachtet mit CGI-Effekten, jedoch dank vieler Actionszenen durchweg unterhaltsam. Jedoch fehlt Captain America hier ein ernstzunehmener Gegner, denn der defensive Red Skull enttäuscht als Gegenspieler. Ein Hugo Weaving oder Tommy Lee Jones stehlen den Jungdarstellern die Show und im Gegensatz zu anderen Superhelden, bietet die Hauptfigur Stev Rogers zu wenig innere Konflikte und Hintergrund. Insgesamt ein sehr durchschnittlicher Start für Amerikas neuen Helden, wenn auch aufwendig gemacht.

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