Bevor die Avengers in Spielfilmform an den Start gehen war noch ein letzter Solo-Auftritt zu absolvieren: Wie kam Captain America, der erste Avenger, ist die Gegenwart?
Wie schon in Albert Pyuns zwei Jahrzehnte zuvor gedrehter Variante ist das Einfrieren im ewigen Eis der Grund für den Zeitsprung, wie man schon zu Beginn des Films aufgeklärt wird, danach geht es zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs, den „Captain America“ im wahrsten Sinne des Wortes comichaft überhöht: Johann Schmidt (Hugo Weaving) alias Red Skull fährt eine absurd überdimensionierte Limousine, die Deutschen verfügen über astronomisch große Sci-Fi-Panzer – da fällt der zusätzliche Schuss Mythik, wenn der Red Skull eine in nordischen Sagen erwähnte Energiequelle in seine Hände bringt, gar nicht mehr groß ins Gewicht.
Nach Etablierung des Szenarios schlägt Joe Johnstons Film aber ruhige Töne an, erzählt vom dem schmächtigen Steve Rogers (Chris Evans), der gerne in den Krieg ziehen möchte um für Gerechtigkeit zu kämpfen. Als herzensguter Ehrenmann ist er eine der blasseren Figuren des Marveluniversums, jedoch bemüht sich der Film darum Akzente zu setzen. Abraham Erskine (Stanley Tucci) erklärt Steve nicht nur den Unterschied zwischen Deutschen und Nazis („Remember, the first country the Nazis invaded was their own“), sondern stellt seine Stärken gegenüber anderen Kandidaten hervor, als er ausgerechnet den an mehreren Rekrutierungsstellen abgelehnten Steve für ein Geheimprojekt tauglich erklärt.
Trotz Querelen mit seinem Ausbilder Colonel Chester Phillips (Tommy Lee Jones) wird Steve serumverstärkt zu Captain America, doch die Agenten des Red Skull ermorden Erskine, ehe es weitere Supersoldaten geben kann. Klugerweise schickt „Captain America“ seinen Helden danach nicht sofort ins Kampfgeschehen, sondern lässt ihn ironischerweise in einer Rekrutierungs- und Erbauungsschau auftreten, Tony Starks Vorfahren Howard (Dominic Cooper) treffen und spielt dabei mit dem Mythos des auserwählten Kriegers und der Meta-Ebene: Als Bühnenheld ist Captain America quasi die künstliche Heldenfigur, die er in der außerfilmischen Realität als Comicheld ist.
Als Rogers bei einer Show an der Front jedoch erfährt, dass sein alter Freund Bucky Barnes (Sebastian Stan) gefangengenommen wurde, zieht er los und befreit auf eigene Faust. Nach erfolgreicher Mission darf er mit eigener Eingreiftruppe im Kriegsgeschehen mitmischen…
Joe Johnston gehört eher zu den Handwerken des Unterhaltungskino, aber lautes Knall-Bumm, das liegt ihm nun mal, doch er begibt sich da immer in die Hände des Drehbuchs, das er da gerade verfilmt und das kann ihn bei Filmen wie „Jurassic Park III“ gewaltig im Stich lassen. Seine knallbunte Amerika-Krawallschleuder holt immerhin überraschend viel aus der eher flachen Figur raus, begründet die Motivation des Comicpatrioten mit dem Wunsch Bullies zu bekämpfen, egal zu welcher Nation sie gehören, und packt durch die Bühnenshow erfreulich viele ironische Momente in das Spektakel. Das der Film den Zweiten Weltkrieg dabei natürlich etwas trivialisiert, war abzusehen, dank der Verortung in der Comic-Parallelrealität stößt dies aber nicht wirklich übel auf.
In den Actionszenen funktioniert der Mix aus CGI und handgemachter Action meist recht gut, letzteres besser als die Tricks aus dem Rechenknecht wie in einer furiosen Motorradjagd zu sehen, während beim Krawall von Kollege Computer gelegentlich ein paar suboptimale Animationen (z.B. bei der Verfolgung des Flugzeugs mit Red Skulls Luxusschleuder) aus dem Rahmen fallen. Insgesamt kann man der Action aber attestieren, dass sie funktioniert, gelegentlich vielleicht etwas zu viel möchte (ob Captain America im Finale wirklich noch einen kurzen Kampf außerhalb des Flugzeugs haben musste, ist fraglich), aber insgesamt schnieke gemachten Budenzauber bietet.
Die Geschichte nach der Exposition ist nicht unbedingt von großer Finesse, aber zweckmäßig erzählt: Der Captain nebst Eingreiftruppe balgt sich mit Red Skull plus Schergen, eine Montage zeigt die Fortschritte im Kampf- und Kriegsgeschehen, während die erste Konfrontation vom Captain und Red Skull, eine wichtige Befreiungsaktion und der obligatorische Showdown ausbuchstabiert werden. Beginn und Ende des Films schlagen die Brücke zu „The Avengers“, das durchaus dramatische Ausscheiden einer Nebenfigur gibt dem Captain in der actionbetonten zweiten Hälfte etwas Charaktertiefe, während die Liebesgeschichte zwischen ihm und der feschen Peggy Carter (Hayley Atwell) eher nebenbei als obligatorisches Bestandteil eines Superheldenfilms abgefrühstückt wird und daher wenig zu reißen vermag.
Chris Evans, der nach eher flachen Rollen Marke „Fantastic Four“ in Werken wie „The Losers“ oder „Scott Pilgrim“ Selbstironie bewies, kombiniert seinen All-American-Sunnyboy-Charme mit einem Hauch Nerdigkeit, wenn er in Anfangsphase digital verschmächtigt rumläuft (die eindrucksvollste Effektarbeit des Films), später dann die Manierismen der Anfangsphase aber nicht gänzlich ablegt. Eine erfreulich gute Leistung, während Stanley Tucci und Tommy Lee Jones ihre Bit-Parts mit Laune runterreißen, aber kaum zum Zuge kommen. Hayley Atwell ist charmant, bleibt aber stets im Windschatten, Hugo Weavings Bösewichtsdarstellung läuft auch nur in solidem Agent-Smith-Gedächtnismodus. Nett ist Dominic Cooper als Howard Stark, echtes Nebenrollengold Neal McDonough als bärbeißiger Part der Eingreiftruppe des Captains.
An „Thor“ und den ersten „Iron Man“ reicht „Captain America“ nicht heran, da die Backstory der Figur nicht genug hergibt – obwohl der Film überraschend viel aus der Figur herauszuholen weiß. Dafür läuft das knallig-simple Treiben geschmiert und ist in seinen Actionszenen meist schnieke anzusehen – keine überragende, aber eine vergnügliche Comicadaption.