Eigentlich wollte das französische Brüderpaar um Gedeon und Jules Naudet nur einen Dokumentarfilm über die New Yorker Feuerwehr und speziell über Rekrut Tony in seiner Ausbildung drehen. Doch währenddessen wurden die beiden mit der Kamera im Gepäck unmittelbare Zeugen des World Trade Center-Anschlages vom 11. September 2001, bei dem sie teilweise selbst um ihr Leben fürchten mussten.
Zunächst einmal verspricht der deutsche Nebentitel "Die letzten Stunden im World Trade Center" hier fälschlicherweise mehr, als die Dokumentation eigentlich hergeben kann. Bilder aus den Gebäuden selbst, wie wir die Feuerwehrmänner bei ihrer vergeblichen Rettung über die Treppenhäuser begleiten, darf man daher nicht erwarten. Lediglich Einblick in die Lobby von einem der beiden Türme erhalten wir hier. Doch zuvor beginnt die Dokumentation so, worauf sie ursprünglich hinauszielte: Feuermann Tony bei seiner Ausbildung über die Schulter schauen. Natürlich gestaltet sich dies nicht allzu interessant, bis wir schließlich an dem schon heute historischen Datum des 11. Septembers 2001 angelangt sind, dem Tag, als nicht nur der Big Apple, sondern ganz Amerika im Herzen getroffen wurde.
Jules ist mit der Feuerwehr gerade bei einem Routineeinsatz, als plötzlich der Lärm eines Flugzeuges die alltägliche Geräuschkulisse erschüttert. Geistesgegenwärtig hält er mit der Kamera auf die Zwillingstürme; das Flugzeug schlägt krachend in einem der beiden Türme ein und ruft eine gewaltige Explosion hervor. Jules filmte den Einschlag aus einer der Perspektiven, die auch bei uns an jenem Tage unzählige Male im TV über den Bildschirm flimmerten. Während Gedeon mit Tony in der Wache zunächst die Stellung hält, fährt Jules nun bis zum getroffenen Turm und liefert Bilder aus der Lobby, in der die ranghöchsten Feuerwehrmänner hilflos auf die Schnelle einen Einsatzplan zur Rettung entwerfen wollen.
Wir sehen Bilder von gaffenden und gleichzeitig fassungslosen Zivilisten, Bilder, wie Feuerwehrmänner planlos in der Lobby nach einer Lösung suchen, Bilder, wie die Lobby zu einem Labyrinth aus Geröll und Staub wird, nachdem der zweite getroffene Turm wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen ist, Bilder, die schneeweiße, menschenleere, von Staub bedeckte Straßen zeigen und schließlich Bilder, in denen sich Feuerwehrmänner, glücklich dem Inferno entkommen zu sein, in den Armen liegen - so sieht der 11. September dieser Dokumentation aus. Einen kleinen Einblick in die späteren Bergungsarbeiten dürfen wir dann an den nächsten Drehtagen werfen.
Nach technischen Gesichtspunkten sind die gelieferten Bilder nun nicht sehr professionell und gerade zuletzt im Eifer des Gefechts - logischerweise - sehr verwackelt. Der Authentizitätsgrad ist dafür umso höher, schon ganz eindeutig anhand der Tatsache, dass hier natürlich, abgesehen von kleineren eingeschobenen TV-Bildern und Interviewbruchstücken der betroffenen Protagonisten, die nackte Realität dokumentiert wird.
Ein wirklich ärgerlicher Punkt zeigt sich jedoch in der sehr zweifelhaften Schlussaussage Tonys, die am Ende ohne kritischen Einwurf stehen bleibt. Durch mitunter auch eine durchaus diskutable Darstellung der Feuerwehrmänner entfacht so leider etwas der Verdacht, die Stimmung, vorwiegend natürlich des amerikanischen Zuschauers, unterschwellig leicht zu manipulieren. Diese Dokumentation ist zwar ein äußerst seltenes und auf den ersten Blick neutral scheinendes Dokument eines historischen Schreckensereignisses, sollte daher trotzdem aber nicht von einem kritischen Blick freigestellt sein.