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Das zur Unterstützung wild streikender Arbeiter gesammelte Geld wird geraubt. Kurz darauf wird einer der überfallenen Gewerkschafter erschossen. Schimmi ermittelt mit Unterstützung des Kollegen Wilms vom Raubdezernat, da Thanner eine neue Stelle beim BKA in Bonn angetreten hat.
Mit Thanners Hilfe findet Schimmi heraus, daß der Erschossene V-Mann des BKA war und den Diebstahl des Streikgeldes initiiert hatte. Als Mörder entpuppt sich Schimmis neuer Kollege, der den Spitzel aus Solidarität mit den Streikenden erschossen hat. Am Ende bringt Wilms, indem er auf Thanner feuert, Schimanski dazu, ihn seinerseits zu erschießen. Kurz zuvor hatte er seine Lebensversicherung erhöht und die Streikenden als Begünstigte eingesetzt. Weil er seinem Ex-Kollegen Informationen gegeben hat, fliegt Thanner beim BKA wieder raus.


Trotz der massiven Sozialromantik und Melodramatik eines der besten Schimanski-Spätwerke. Das liegt an der diesmal gelungenen Dramaturgie und der stimmigen Atmosphäre (nicht zuletzt durch die Musik des zum Auftakt auch live auftretenden Rio Reiser), welche die Lücken in dem wie immer roh gezimmerten Plot gnädig überdecken. Regelrecht als exquisit zu bezeichnen ist die Idee, den ahnungslosen Thanner zunächst auf der Suche nach beruflichem Aufstieg in eine obskure Bonner BKA-Dependance zu versetzen, um ihn dann dort ebenso ahnungslos zum Staatsverräter werden zu lassen, bloß weil er seinem alten Freund Schimmi bei einer Mordermittlung helfen wollte. Auch sehr witzig ist Schimanskis auszugsweise Verlesung seiner polizeipsychologischen Beurteilung im Beisein von Chef Königsberg, nicht ohne daß dieser den Psychologen ordentlich auf den Deckel gibt.
In der Schlußsequenz schmeißt Schimanski Waffe und Jacke weg, um anschließend seinen Frust über den eigenen Ermittlungs"erfolg" und die Schlechtigkeit des Kapitalismus, dessen unfreiwilliger Helfershelfer er war, in Litern Bier und Korn zu ersäufen. Als er dann nach Hause torkelt, entdeckt er, daß er seine Erkennungsmarke noch hat. Wütend versucht er, hin- und hertorkelnd, die Marke abzureißen, doch bald wird dem Zuschauer klar: nicht etwa hängt die Dienstmarke an Schimmi, sondern Schimmi ist an die Dienstmarke gekettet.
Besonders zu erwähnen ist die Nebenrolle des Ruhrpott-Originals Willi Thomczyk als Marx, Engels und Brecht lesender und zitierender arbeitsloser Hobbyzyniker.
Neben Ludwig Haas als BKA-Außenstellenleiter zieren die späteren Tatort-Kommissare Sabine Postel und Miroslav Nemec die Besetzungsliste.
Zeitgeist-Hintergrund: Die Werkschließungen in Duisburg und Stahlarbeiter-Streiks 1987/88 sowie klandestine BKA-Aktivitäten.
Schimanski-Tatort Sonderwertung: knapp 8

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