Damals, als der Film im Kino lief, habe ich sein Erscheinen leider nur nebenbei registriert. Heute ärgere ich mich, diese grandiose Opernverfilmung nicht auf der großen Leinwand gesehen zu haben. Aber sicherlich hatte ich während meines Referendariats im Jahr 1995 andere Sorgen, als mir die filmische Umsetzung von Puccinis Oper anzusehen. Aber es ist nie zu spät, selbiges nachzuholen.
Inzwischen ist es gar nicht so einfach an eine DVD von dieser Verfilmung zu kommen. Der Aufwand und die Kosten lohnen sich aber. Belohnt wird man nämlich mit einem wundervollen Opernabend, nicht im Theater, sondern im heimischen Wohnzimmer. Fast schon hypnotisch wird man von den ersten Takten der Musik in die Handlung und das Spiel der Figuren hineingezogen. Und es liegt nicht nur an der bekannten MusiK Puccinis, dass einem die Zeit wie im Fluge vergeht.
Wie so vielen Opern liegt auch dieser eine tragische Geschichte zugrunde. Der amerikanische Seeoffizier Pinkerton bändelt während eines Aufenthalts in Japan mit der Geisha "Butterfly" an. Für ihn ist das Ganze nur ein großes Spiel zum beiderseitigen Vergnügen, für Cio-Cio San (genannt Madame Butterfly) ist es aber die große Liebe. Pinkerton pachtet ein Haus und lässt sogar eine Hochzeit nach japanischer Tradition ausrichten, wobei ihm der zwielichtige Goro hilft ("für neunhundert Jahre gepachtet, aber ich kann jederzeit vom Vertrag zurücktreten"). Cio-Cio San tritt Pinkerton zuliebe sogar zum christlichen Glauben über, wofür sie von ihrer Familie verstoßen wird. Das Glück des verheirateten Paares ist nur von kurzer Dauer, denn Pinkerton muss zurück in seine Heimat. Drei Jahre wartet Madame Butterfly auf seine Rückkehr, inzwischen hat sie Pinkertons Sohn geboren. Als der Marine-Offizier schließlich zurückkehrt, bringt er seine neue Frau mit und will anfangs Cio-Cio San nicht sehen. Diese entschließt sich daraufhin in ihrem Schmerz zu einem finalen Schritt.
Wie oben schon ausgeführt, hatte der Film auf mich und meine Frau, als wir ihn sahen, fast schon eine hypnotische Wirkung. Nicht nur die Musik, auch die Bilder und das Spiel der Mimen hielt uns recht schnell im Bann. Ying Huang als Butterfly kann an allen Stellen überzeugen (sie berichtet im beigefügten "Making of" sehr interessant über ihre Beteiligung am Film). Mit Richard Troxell (als Pinkerton) bekommt sie einen wundervollen Tenor zur Seite gestellt. Richard Cowan singt und spielt die sympathischste Rolle. Er verkörpert den amerikanischen Konsul, der schon früh vor dem tragischen Ende warnt. Auch Liang Ning als Zofe Suzuki und Jing Ma Fan als Fiesling Goro können nicht nur gesanglich überzeugen.
Regisseur Frédéric Mitterand geht ein Wagnis mit dieser reinen Opernverfilmung ein, aber dieses Wagnis gelingt hervorragend. Man wünschte sich mehr solche "Real-"Verfilmungen berühmter Opernstoffe. Wenn man sich sonst ggf. mit einer misslungen Inszenierung im Theater herumärgert, schwelgt man hier in einem schönen Bilderrausch.
Wir wünschen dem Film noch mehr wagemutige Zuschauer, die ihn entdecken und sich von ihm in den Bann ziehen lassen, wie das bei uns der Fall gewesen ist.