Das Subgenre des TorturePorns bekommt gefühlt jeden Tag Nachwuchs und oft sind es recht einfach strukturierte selbstzweckhafte Streifen, die mit mehr oder weniger tatsächlich vorhandener grafischer Gewalt versuchen, ein mit solchen Schauwerten leicht zu beeindruckendes Publikum zu finden. TRUTH OR DARE reiht sich hier problemlos im soliden Mittelfeld ein und ist beileibe keine Fehlinvestition. Der filmische Mehrwert hält sich allerdings sehr in Grenzen und die Mischung aus Teeniehorror, Slasher-, Rache- und Folterfilmchen kann sich handwerklich und durch wirklich unerwartet große vordergründige Härte aus der Masse der Epigonen absetzen.
Hier geht es um attraktive, pralle und willige Teenies, die sich aufgrund eines Rachemotivs eines Teilnehmers mehr oder weniger freiwillig auf Basis des Flaschendrehenspiels "Truth or Dare" unangenehmen Spielchen aussetzen. Den Filmtitel könnte man sinngemäß mit "Wahrheit oder Mutprobe" übersetzen. Es entspricht dem Spiel "Wahrheit oder Pflicht", wobei es im Film selbst in Deutsch "Wahrheit oder Tat" genannt wird, und man entscheidet sich eben für eine Alternative von beiden. In kammerspielartiger Beschränkung auf eine interessanterweise EVIL DEAD ähnliche Hütte laufen die diversen Darsteller dabei nicht gerade zu darstellerischen Höchstleistungen auf.
Sie verstehen es aber, weitgehend nur wenig Fremdschämgefühle des Zuschauers zu provozieren, auch wenn viele Klischees gestreift werden und sich TRUTH OR DARE sehr belesen aus der gesamten Genregeschichte bedient. Wie in den späteren SAW Folgen oder den verschiedenen Nachahmern, hangelt sich die recht überschaubare Story im Prinzip meist nur von Effekt zu Effekt, von Quäleinsatz zu Quäleinsatz und treibt die Spannung einzig mit der Frage nach dem mehr oder weniger blutigen Ausgang dieser Szenen an. TRUTH OR DARE bewegt sich somit leider für meinen Geschmack deutlich und zuverlässig unter der von mir geforderten Komplexitätsschwelle für anspruchsvolle Horrorfilme.
Mit dieser Meinung werde ich wie so oft nicht in der Mehrheit sein. Es gibt keinerlei Charakterbildung, Subplots oder andere Ebenen auf denen sich das Treiben bewegt. Auch die Kamera bewegt sich meist auf solider, aber auch langweiliger Halbdistanz. Somit handelt es sich um filmisches B-Hochglanz-Junkfood mit ein wenig dreckiger Atmosphäre und harten Effekten, aber nicht zu viel von diesen Zutaten, um die/den eigene(n) horrorgewöhnte(n) Freundin/Freund bei der gemeinsamen Sichtung nicht wirklich nachhaltig zu verschrecken. Positiv ist allerdings einerseits, dass TRUTH OR DARE sich nicht völlig auf die oben genannten Spielchen verlässt.
Im letzten Filmdrittel werden noch mal mit einigen dramaturgischen Manövern andere Genreelemente einführt. Diese tun dem Gesamteindruck sehr gut. Andererseits wird nicht weggeblendet und sämtliche Verstümmelungen, Säureattacken, Schusswunden und vielerlei lustige Blutfontainen werden dem Gorehound full frontal und mitten auf die Leinwand gebeamt und bei manchem Darsteller denkt man zeitweise, er wurde im Rahmen des EVIL DEAD Remakes geschminkt worden. Gerade in der Schlussphase zieht TRUTH OR DARE noch mal alle Register und fährt erneut das Anfangsprinzip mit aller Härte und Zynismus auf.
Für mich wirkt das Ganze damit erneut wie eine biedere Melange eines Softsexfilms mit Blümchen und Plüschhandschellen, also vordergründig verwegen, aber doch im Kern nicht wirklich realistisch, hart oder in irgendeiner Weise over-the-top. Regisseur Robert Heath war bislang eher durch Zeichentrickfilme und biedere TV-Serien bekannt. Mit TRUTH OR DARE hat er eine 180 Grad Wendung gemacht. Klischeegewohnte Horrorfans, für die der ewig wiederkehrende vermeintliche Schockeffekt im Mittelpunkt ihres Interesses steht, sollten TRUTH OR DARE auf jeden Fall eine Sichtung verpassen.
5/10 Punkten