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Regisseur Curtis Harrington muss Feuer und Flamme für Shelley Winters gewesen sein, mit der er ein Jahr zuvor „Was ist denn bloß mit Helen los?“ drehte. Für die vorliegende Variante des Grimmschen Hänsel und Gretel konnte er die zweifache Oscarpreisträgerin erneut verpflichten und damit ein wenig kaschieren, dass es dem Stoff, trotz des scheinbar eindeutigen Titels, ein wenig an zündenden Ideen mangelte.

England in den 1920ern: Tante Ruth (Winters) lädt alljährlich zehn Kinder aus dem Waisenhaus zum Weihnachtsfest ein. In diesem Jahr haben sich die Geschwister Christopher (Mark Lester) und Katy (Chloe Franks) ebenfalls aufs Anwesen geschlichen. Katy erinnert Ruth an ihre verunglückte Tochter, was die Gastgeberin zu einem folgenschweren Entschluss treibt…

Einige Zeit spielt der Stoff geschickt mit den Aspekten des Übersinnlichen: So initiiert ein Medium eine Seance, um den Geist der Verstorbenen heraufzubeschwören, welcher auch prompt zu antworten scheint. Mit der Eröffnungsszene offenbart sich indes das Trauma der Titelgebenden, als Ruth vor einem Kinderbett sitzt und ein Schlaflied singt, indem sich nicht etwa ein Kind, sondern das Skelett eines solchen befindet.

Dennoch entpuppt sich Ruth nicht als Monster oder gar Hexe, wie Christopher früh mutmaßt. Sie gibt sich den Kindern gegenüber aufgeschlossen und freundlich und hat für jeden ein offenes Ohr. Vielmehr scheint es sich um eine tragische Figur zu handeln, welche mit dem Unfalltod der Tochter nie fertig wurde, während ihr Mann, ein angeblicher Zauberer, lediglich erwähnt wird.
Dies ist allerdings nicht unwesentlich, um im Verlauf einige stimmungsvolle Requisiten einzubetten, bei denen ein Fallbeil und unheimliche Puppen nicht unerheblich zur gelungenen Atmosphäre beitragen.

Hauptschauplatz ist folgerichtig das Anwesen von Ruth, in dem es neben einem geheimen Lastenaufzug allerlei Geheimräume und andere Gimmicks zu erspähen gibt. Allerdings ereignet sich im Mittelteil herzlich wenig und Umstände der Weihnachtsfeier nehmen etwas zuviel in Beschlag, bevor es zum Showdown in die Küche geht. Man weiß zwar nicht, welche Regieanweisungen es für dieses Gericht gab, doch mit geviertelten Äpfel, wenig Mehl, aber sehr viel Wasser dürfte kaum etwas Schmackhaftes dabei herumkommen. Dennoch steigert sich zum Finale das Tempo und der Titel erhält zumindest in Ansätzen seine vermeintliche Rechtfertigung.

Shelley Winters stielt natürlich allen die Show und wird nicht selten in Nahaufnahme abgelichtet, während sie singend und auch mal theatralisch schauspielernd vor Kinderaugen eine rundum gelungene Darbietung abliefert. Aber auch die übrigen, insbesondere die Jungmimen überzeugen auf ganzer Linie, denn nicht selten schauen unbedarfte Gemüter gerne mal direkt in die Kamera, was hier zu keiner Zeit der Fall ist.

Neben der gelungenen Ausstattung ist es vor allem der ebenso überzeugende Score, der das Drumherum mit Leben füllt und aus der letztlich simplen Geschichte mehr macht, als der Stoff eigentlich hergibt. Hier und da wird zwar mit einigen Andeutungen gespielt, doch vieles davon verpufft ohne Konsequenz, wogegen der Ausgang zufrieden zu stellen vermag.
Etwas mehr Psychothriller denn Horror, der sich in erster Linie auf eine starke Hauptdarstellerin und eine gediegene Stimmung verlässt.
6,5 von 10

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