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Noch während Ken Kesey in Stanford studierte schrieb er den Roman "Einer flog über das Kuckucksnest", der 1962 zu einem Welterfolg wurde. Es folgte ein Theaterstück und schließlich die Verfilmung von Regisseur Milos Forman (Amadeus, Der Mondmann), welche zu Recht mit Preisen überschüttet wurde. Denn solch einen authentischen Einblick in die Nervenheilanstalt gibt es sonst nirgends, doch noch viel beeindruckender ist Formans Balance zwischen Komödie und Tragik.
Doch von dem ganzen Leid, dass ihm widerfährt hat der Draufgänger R.P. McMurphy (Jack Nicholson) nicht die geringste Ahnung, weswegen er sich für Unzurechnungsfähig erklären lässt, um der Arbeiterkolonne des Gefängnisses zu entfliehen. In der Heilanstalt freundet er sich schnell mit den anderen Insassen an und bringt deren Alltag gehörig durcheinander. Das passt der strengen Stationsschwester Ratched (Louise Fletcher) überhaupt nicht und so lernt McMurphy bald das andere Gesicht der Heilanstalt kennen. Dahinter verbirgt sich ein erbarmungsloses System, welches jeden Menschen gefügig macht. Auch McMurphy bekommt seine Zweifel und will fliehen.

Forman lässt diesen Film fast als Komödie beginnen, die vor allem von Jack Nicholsons gandiosen Schauspiel lebt. Ein strenges Regime ist zwar spürbar, doch zunächst gilt es die anderen Insassen aus ihrem Alltag zu reißen. Schnell mausert sich McMurphy dort zum Querulanten der Station und Schwester Ratched hat zunehmend Probleme auch die anderen unter Kontrolle zu halten. Doch Dr. Spivey (Dean R. Brooks) ist dem Simulanten schon auf der Spur und hält ihn sogar für potentiell gefährlich. Schließlich zieht McMurphy den Insassen beim Karten spielen nicht nur Zigaretten und Geld aus der Tasche, sondern es gelingt ihm auch mit der ganzen Station zu fliehen, um angeln zu gehen. So meint man als Zuschauer erst, McMurphy könne tatsächlich gegen das System ankommen, doch mehr als eine kleine Rebellion ist es nicht. Denn im Endeffekt gelingt es ihm nicht mal gegen Schwester Ratched anzukommen, man nehme die Situation mit den Baseball-Endspielen.
"Einer flog über das Kuckucksnest" lässt sich zwar ziemlich viel Zeit, aber es kommt der Punkt wo einem das Lachen im Halse stecken bleibt.

Denn wir lernen andere Methoden kennen, die McMurphy gefügig machen sollen, zum Beispiel Stromstöße. Doch nicht mal davon lässt sich der ehemalige Korea-Veteran beeindrucken. Dennoch ahnt man als Zuschauer schon, dass es mit McMurphy hier drin keine gutes Ende nehmen wird. Er selbst scheint dies auch zu ahnen und plant seine Flucht. Und man merkt in der zweiten Filmhälfte schon deutlich, denn Forman kreiert eine merklich gedrücktere Stimmung. Humor ist zwar noch vorhanden, aber das böse Ende auch nicht mehr weit und hier eskaliert die Situation dann richtig. Man sollte sich auf einen Schlag in die Magengrube gefasst machen, denn das menschenverachtende System hat seine Methoden, um Störenfriede entgültig mundtot zu machen.
Dabei liefert Nicholson eine der besten Leistungen seiner Karriere ab, aber auch die restlichen Darsteller verkörpern ihre schwierigen Rollen glaubwürdig. Mit Michael Berryman, Danny DeVito, Christopher Lloyd und Brad Dourif sind einige bekannte Gesichter dabei, auch Louise Fletcher (Virtuosity, Shadowzone) als strenge Schwester Ratched macht einen tollen Job.

Ohne die großartigen Darsteller wäre "Einer flog über das Kuckucksnest" lange nicht so effektiv. Was als emotionale Komödie beginnt, endet in einem wahren Alptraum, denn gegen dieses unmenschliche System gibt es kein Ankommen. Auch offenbart die Geschichte einige Überraschungen, könnte aber manchmal etwas rasanter erzählt sein. Dennoch ein beunruhigender Einblick, Forman balanciert perfekt zwischen Humor und Tragik.

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