"One flew over the cuckoo's nest" ist zweifellos eine der besten Buchverfilmungen der Filmgeschichte. Die Produzenten Saul Saentz und Michael Douglas waren lange auf der Suche nach einem geeigneten Regisseur und entschieden sich schließlich für einen jungen und ideenreichen Tschechen namens Milos Forman. Das Resultat ist eine der besten Low-Budget-Produktionen aller Zeiten.
Der Film handelt von Randolph Patrick McMurphy, der aufgrund einer Straftat ins Gefängnis geschickt werden soll. Er hat jedoch keinen Bock, seine Strafe hinter Gittern abzusitzen und beschließt, sich krank zu stellen und sich in eine psychiatrische Anstalt einweisen zu lassen. In der Anstalt werden die Patienten unter der Aufsicht der Oberkrankenschwester Mildred Ratched unter unmenschlichen und fast schon diktatorischen Bedingungen unter Kontrolle gehalten. Die Patienten sind alle physisch labil und wissen sich nicht zu wehren. Mit McMurphys Einzug kehrt ein wenig Abwechslung und Action in den rauen Alltag der Insassen ein. In dem ca. 2,10 m großen, scheinbar taubstummen Indianer, genannt "Chief" (in der dt. Fassung "Häuptling"), findet McMurphy eine Art Freund. Die Handlung konzentriert sich im Folgenden auf den psychischen Kampf zwischen McMurphy und der Oberschwester Ratched.
Der Roman von Ken Kesey ist auf hervorragende Art und Weise von Lawrence Hauben zu einem Drehbuchentwurf umgeschrieben worden. Den letzten Schliff bekam das Drehbuch dann von Bo Goldman und Milos Forman verliehen, die gemeinsam jede einzelne Zeile von Kesey und Hauben unter die Lupe genommen und filmtauglich gemacht haben.
Milos Forman hat eine sehr eigenwillige Art, was die Wahl der Schauspieler angeht, was keineswegs negativ ist. In diesem falle wusste er genau, dass er für die Insassen ausnahmslos unbekannte Gesichter (u.a. Danny DeVito, Christopher Lloyd, Brad Dourif, Vincent Schiavelli, die mittlerweile auch sehr bekannt sind) haben wollte, um dem Zuschauer das Gefühl zu vermitteln, dass alles was in der Anstalt passiert, einem normalen fremd und ungewohnt ist. Mit McMurphy, der die für uns gewohnte und reale Welt repräsentiert, zieht der Zuschauer praktisch für die Dauer des Filmes in diese Anstalt ein. Deswegen wollte Forman ausschließlich für die Rolle des McMurphy einen großen Star, mit dem sich das Publikum identifizieren kann. Die Wahl fiel auf Jack Nicholson, der in diesem Film wie gewohnt eine unglaubliche Leinwandpräsenz hat. Neben seiner Rolle in Polanskis "Chinatown" ist das m.E. die beste schauspielerische Leistung seines Lebens. Da verwundert es schon fast ein wenig, dass sich Louise Fletcher als Oberschwester Ratched von ihm nicht an die Wand hat spielen lassen. Beide Hauptdarsteller wurden zu Recht mit einem Oscar für ihre Leistungen belohnt.
Mit gekonnter Kameraführung wird die räumliche Enge visuell eingefangen, die eine sehr bedrückende Stimmung hervorruft, die aber zu keinem Zeitpunkt ins lächerlich Klaustrophobische abdriftet. Bis auf einige Naturaufnahmen und enthält der Film nur eine Außenaufnahme mit einer langen Handlungssequenz, ansonsten spielt der ganze Film in der Anstalt.
Milos Forman hat aus dem geringen Budget das Maximum rausgeholt, woran er selber auch einen enormen Anteil hat. Kleine Schwachpunkte liegen
a) in der Musik, die etwas leblos klingt und die emotionale Tiefe dieses Filmes nicht ausreichend wiedergibt und
b) in der Tatsache, dass der Spannungsbogen nicht immer hochgehalten wird.
Der Film ist einer von drei Filmen, die in allen fünf Hauptkategorien (Film/Regie/Drehbuch/männl. Hauptdarsteller/weibl. Hauptdarsteller) mit einem Oscar ausgezeichnet wurden. Zugegeben: Wer auf "brainless" Entertainment steht, wird es schwer haben bei diesem Film wach zu bleiben (s. Schwachpunkt b). Wer jedoch einen anspruchsvollen Film erwartet, wird nicht enttäuscht sein. "One flew over the cuckoo's nest" ist trotz kleiner Schwächen ein Meisterwerk der Filmgeschichte. 8/10