Bruce Willis lebt von seiner Action-Credibility, leider nicht im positiven Sinne: In den letzten Jahren nimmt er verstärkt lukrative Nebenrollen mit wenig Screentime an um einen Film zu pushen oder er spielt in Filmen mit, die sich ironisch auf seinen Starstatus beziehen.
Ironiefrei geht es in „The Cold Light of Day“ zu, dessen Protagonist zur jüngeren Generation gehört: Will Shaw (Henry Cavill), erfolgreicher Wirtschaftsfritze, der zum Segelurlaub mit Papa Martin (Bruce Willis) und dem Rest der Familie nach Spanien jettet. Natürlich hat Will, Klischee ahoi, stets das Handy am Ohr, ist ein Workaholic und bekommt die Quittung serviert, als Daddy das Telefon wutentbrannt im Meer versenkt. Hier liegen die Familienverhältnisse im Argen und Läuterung des Sohnemanns tut Not, der kurzzeitig von der Familie getrennt wird, als er an Land schwimmen muss.
Zurück findet er das Boot leer vor und muss sich bald mit seltsamen Gestalten rumschlagen, die ihn nach dem Verbleib seines Papas ausfragen. Der taucht schließlich auch zur Rettung von Junior auf und hat die große Enthüllung im Gepäck: Eigentlich ist er CIA-Agent und die Familie wurde von Schurken gekidnappt, weil die nach einem Koffer suchen. Damit hat man den McGuffin in Hitchcock-Tradition und tatsächlich greift „The Cold Light of Day“ das Hitchcock-Motiv des in einer Verschwörung verstrickten Normalos auf, der zum Spielball einer Intrige wird und sich nun retten muss.
Denn nach dem nächsten Plottwist findet sich Will nun allein ohne Unterstützung des erfahrenen Agentenvaters in Spanien wieder, ohne Kenntnisse der Landessprache, dafür mit reichlich Verfolgern an den Hacken. Und er muss den Koffer beschaffen, damit er seine Familie retten kann…
Nach seinem gefeierten „JCVD“ probiert sich Mabrouk El Mechri nun an stromlinienförmigerer Genrekost, kann aber immerhin einige seiner inszenatorischen Fähigkeiten auch hier beweisen: Gerade die Kameraführung ist über den Genrestandards, auch sonst inszeniert El Mechri seinen Film flott und tritt reichlich aufs Gaspedal. Was angesichts eines Scripts, das lediglich bekannter Standards abnudelt, vielleicht keine so verkehrte Entscheidung war, doch in diesem Tempo rauscht der Film aber aufgrund der blassen Figurenzeichnung und des unspannenden Plots glatt am Zuschauer vorbei.
Denn „The Cold Light of Day“ wäre gerne als US-Action auf europäischem Boden der inoffizielle Bourne-Nachfolger, ist aber bloß ein blasser Bourne-Abklatsch, der frappierend an den ähnlich missratenen „Abduction“ erinnert: Ein junger Everyman als Held auf der Flucht vor Geheimdienstlern, Sigourney Weaver in einer Nebenrolle als eine von jenen Geheimdienstlern. Wie auch „Abduction“ gibt sich „The Cold Light of Day“ komplexer als er letztendlich ist und hetzt seinen Protagonisten so durch einen Plot, in dem zwar zig Parteien mitmischen, diverse Leute ein doppeltes Spiel spielen und der Held niemanden trauen kann, der aber dann doch enttäuschend egal ist. Da auch kaum eine Figur interessiert, bleibt jeder Verrat und jedes Abnippeln eines Good Guys ohne Resonanz beim Zuschauer, sodass allenfalls die hübschen Aufnahmen des sonnigen Spaniens im Gedächtnis bleiben, aber wenig vom Plot.
Zwischendrin muss es natürlich auch etwas rummsen, damit der mit Bruce Willis auf dem Plakat gelockte Zuschauer nicht ganz enttäuscht wird, doch auch in der Hinsicht präsentiert sich „The Cold Light of Day“ durchwachsen: Während die Autojagden des Films schwer rocken und die Keilereien okay sind, da hakt es bei den Shoot-Outs. Gerade die Ballerei im Parkhaus, bei der zwei Personen, von denen nur eine bewaffnet ist, erst vier bewaffnete Geschäftspartner niederknallen und sich danach noch gegen eine Eingreiftruppe, die sie umzingelt hat (!!!), erfolgreich zur Wehr setzen, dürften zu den unglaubwürdigsten und schlechtestchoreographierten Ballereien der letzten Jahre gehören. Dass die Shaky-Cam dabei nicht so oft zum Einsatz kommt, ist dann bestenfalls ein kleines Trostpflaster.
Ebenfalls wenig berauschend ist die Performance von Bruce Willis, der seine Nebenrolle mit wenig Screentime eher lustlos herunterreißt, in wenigen Szenen aber den Charme verströmt, für den die Fans ihn lieben (meist dann, wenn er seine Grimmigkeit Sohnemann oder Fieslingen gegenüber zum Ausdruck bringen kann), aber das entschuldigt seine sonstige Unmotiviertheit nicht. Mehr Mühe gibt sich Henry Cavill, der aber in seiner 08/15-Rolle blass bleibt und ihr kein Leben verschaffen kann, während Sigourney Weaver mit ihrer einigermaßen energetischen Darbietung auch keine Glanzleistung vollbringt, aber immerhin noch den memorabelsten Auftritt in dem Film hinlegt. Der Rest vom Darstellerfest ist nämlich nicht der Rede wert.
„The Cold Light of Day“ sieht schnieke aus und hat ein paar recht druckvolle Actionszenen, ist aber auf der anderen Seite völlig egal und austauschbar: Zigfach gesehene Klischees und Stereotypen des Agententhrillers werden heruntergerattert, ohne den Aufbau eines vernünftigen Spannungsaufbau, ohne auch nur ansatzweise interessante Figuren. An ein paar Stunts kann man sich später vielleicht noch erinnern, sonst an wenig – abgesehen vielleicht von der Tatsache, dass man Willis anmerkt, dass es ihm hier nur um den Gehaltscheck ging.