Review

Wenn ich euch jetzt erzähle, dass dieser Regisseur auch für "Anatomie" und "Anatomie 2" verantwortlich war (die ich persönlich beide sehr gut fand), dürftet ihr dem Film und dieser Review ganz schnell den Rücken kehren.
 Der aus Österreich stammende Regisseur Stefan Ruzowitzky, der vorallem für "Anatomie 2" einen auf den Sack bekommen hat, traut sich mit "Cold Blood" zum ersten Mal, einen Streifen in den USA zu verfilmen - und das tut Hollywood gut. Denn die sind immer noch im Remake-Rinderwahn, Sequels am Fließband produzieren und auf der Suche nach neuen Ideen...


"Cold Blood" beginnt mit  Allsion (Eric Bana) und seiner Schwester Liza (Olivia Wilde), die auf der Flucht sind, da sie ein Casino ausgeraubt haben. In der arschkalten und verschneiten Landschaftsgrenze Richtung Kanada fahren sie ein Reh an, wobei sich ihr Auto überschlägt und Schrott ist. Sie entschließen sich zu trennen um es irgendwie alleine über die Grenze zu schaffen.
Zeitgleich kommt Ex-Boxer Jay (Charlie Hunnam)  aus dem Gefängnis raus und sucht sofort seinen ehemaligen Mentor auf, wegen dem er einsaß. In der Hitze des Gefechtes tötet er seinen Trainer aus Versehen. Er weiß nicht wohin, denn mit seinen Eltern (Kris Kristofferson und Sissy Spacek) versteht er sich auch nicht mehr.
Von diesen beiden Verbrechen bekommt auch die Polizei die ersten Hinweise und sucht die Räuber sowie den Mörder. Auch hier hapert es. Denn der Polizeichef (Treat Williams) kommt einfach nicht damit klar, dass sein kleines Mädchen (Kate Mara) auch diesen Beruf in seiner Einheit ausübt und schwere Delikte lieber "seinen harten Jungs" überlässt.


Somit haben wir also drei Familienschicksale, die entweder eine traumatische Vergangenheit hatten und/oder das Familienleben alles andere als harmonisch verläuft. Natürlich führen die verschiedenen Stränge mit jeweils interessanten Einzelkonflikten gegen Ende hin zu einem "runden Tisch", dass man behaupten kann, dass dieser Film so ähnlich wie das Meisterwerk "L.A. Crash" aufgebaut ist, auch wenn "Cold Blood" diesem Film nicht annährend das Wasser reichen kann. Das heißt jedoch keineswegs, dass dieser Film schlecht ist. Eher im Gegenteil, er hat mich positiv überrascht.
So baut man anfangs sehr auf Thriller-Elemente und man muss dem Regisseur zu Gute halten, dass er a) allen Charakteren viel Zeit lässt, um sich zu entwickeln (ohne dass die Dynamik ausgebremst wird), und b) was noch viel wichtiger ist: Er lässt sehr, sehr lange Zeit offen, ob dieser oder jener Charakter ein guter Kerl oder eher ein Bad Guy ist. Die eigene Moral wird auch sehr oft angesprochen so dass die Grenzen zwischen Gut und Böse sich sehr oft in einer Grauzone befinden.
Somit hat der Zuschauer schon mal genug Studentenfutter für sich mit den Charakteren auseinanderzusetzen und genau deswegen wird es auch nicht langweilig. Abwechselnd wird der "Fortschritt" der jeweiligen Parteien gezeigt, der Thriller-Part macht immer mehr Platz für Dramaturgie und auch (!) lustige Momente, die nichtmals deplaziert wirken.

Der Film wird vorallem auch durch die guten Schauspieler getragen, die ihre Charaktere hervorragend rüberbringen. Eric Bana ist auf Droge, Boxer Charlie Hunnam bringt die Aggressivität mit und Olivia Wilde mit knallroten Lippenstift wirkt wie die unschuldigste Verführung seit Duplo.
Was ich lediglich bemängeln kann sind zwei Popp-Szenen, die der Film nicht gebraucht hätte und der Schluss, der zwar nicht schlecht ist, ich mir aber etwas anderes gewünscht hätte.


"Cold Blood" ist eine interessante Mischung aus Thriller und Drama geworden, bei dem die Charaktere einen interessanten Tiefgang besitzen und die Spannung sowie die Dramatik genau die richtige Dosierung hat. Kein Blockbuster, aber ein sehr ausgefeilter intensiver Film für Leute, bei denen es nicht an allen Ecken und Enden krachen muss.

8/10

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