Einer der spannendsten Filme die ich kenne
Das Drehbuch entfaltet ein Kaleidoskop menschlicher Befindlichkeiten zu einer Abfolge gedanklich äußerst intimer Mitteilungen, wobei die Gefühle und Empfindungen der beiden einzig gezeigten Figuren an keiner Stelle verraten werden. Das glatte Gegenteil exploitativen Kinos sozusagen, und dennoch halte ich "Szenen einer Ehe" für keinen (allzu) realistischen Film: für mich lebt das ganze in erster Linie von einem artifiziellen Knistern, das getragen von einem eigentümlichen Stil zwischen fiktionalen Interview und Reportage ohne wirkliche Reporter daherkommt, und dabei seltsamerweise für meine Begriffe auch nichts theatralisches aufweist, weit entfernt von einem gewöhnlichen Kammerspiel in geschlossenen Räumen bleibt. Wer andauernd bloß hinter eingebildeter "Realität" her ist kann soetwas aus meiner Sicht niemals erreichen, und das zeigen für mich auch Bergmans andere - davon dennoch gänzlich unterschiedliche - Arbeiten. Anmerken möchte ich auch, dass mich der Quasi-Nachfolger "Sarabande" Jahrzehnte später in dieser Hinsicht schon eher entsetzt hat.
Gut möglich, dass die Aufteilung eigener Strukturen, extra für eine Fernsehproduktion gemacht, hier einen Glücksfall darstellt und dem Film so wiederum enorm gut getan hat. "Szenen einer Ehe" ist auch einer der wenigen Filme die ich kenne, welche von einer Überlänge wirklich enorm profitieren - selbstverständlich nur in der (TV-)Langfassung.Stanley Kubrick hat in seinem letzten Film die "Szenen einer Ehe" schließlich auszeichnende, eigentümliche Atmosphäre meiner Ansicht nach mit Hollywood-Stars sexuell aufgeladen in ein paar Szenen doch ein wenig nachstellen wollen - ohne dieser szenischen Vorlage von Bergman sozusagen damit auch nur einigermaßen nahe gekommen zu sein, schauspielerisch wie erotisch: denn obwohl hier jegliche sexuelle Aufladung scheinbar fehlt, sehe ich, und ich nehme auch an andere taten das ähnlich, den Film von einer völlig ergreifenden heterosexuellen Erotik unterschwellig bereits überwältigt.
Ich habe den Film noch als Jugendlicher zum ersten Mal gesehen und war damals schon schwer davon beeindruckt: Bergman mag in anderen, abstrakteren Arbeiten scheinbar wichtigere Themen behandelt haben - für das kommunikative (Liebes-)Leben einzelner Menschen hingegen aus meiner Sicht sicher nicht, und so möchte ich den Film neben meinem ganzheitlichen Favoriten "Ran", dem distanziert-kraftvollen "2001" und dem fantastsischen "Star Wars" Episode IV In meinem privaten Kosmos auch weiterhin zu meinen absoluten Favoriten in der Filmkunst zählen.