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Wie dreht man sich als Hutträger eigentlich im Grabe um?

Anders gefragt: wie käme es wohl an beim Publikum, eine Dokumentation über Katharina die Große zu drehen, in der Jürgen Vogel die weibliche Hauptrolle spielt? Der Jürgen als Weib, mit langmähniger Perücke und original Männerstimme - hätte doch was! Fast so spaßig wie die Idee, Friedrich den Großen von einer Frau verkörpern zu lassen. Mit Weiberstimme! Aber wer kommt schon auf so merkwürdige Ideen...

Richtig: Jan Peter & das öffentlich-rechtliche Bildungsfernsehen!

'Friedrich - Ein deutscher König'. Der Titel einer mit Spielszenen bestückten "Doku" über den berühmtesten aller Hohenzollern, den 'Alten Fritz'.

Sekunde mal. Der olle Fritz? War das nicht dieser schrullige kleine Gnom mit Micky-Maus-Stimmchen? Und sah der nicht irgendwie aus wie Katharina Thalbach? Oder war's Anna Thalbach?  Egal. Jan Peter wird sich schon was dabei gedacht haben, die Besetzungscouch mit zwei Damen zu bestücken. Vielleicht aber auch nicht, wer weiß schon, was im Oberstübchen gewisser Filmemacher abgeht. Vermuten wir doch einfach mal zu Peters Gunsten, dass er besonders originell zu sein versuchte. Was gründlichst in die Hose gegangen, aber immer noch besser als die Annahme ist, ihm oder seinen Auftraggebern wäre in irgendeiner Weise daran gelegen gewesen, und an dieser Stelle darf dann auch gleich mal angemerkt werden, dass eine solche Überlegung mit Blick auf die sonstige Inszenierung alles andere als abwegig ist, den großen König im Bewußtsein der Öffentlichkeit 'ne gehörige Ecke kleiner zu machen!

Doch sei's drum. Immerhin lehrt uns die Frau im Männergewande, dass der Mann ein übler Frauenhasser war: igitt! Und sogar historisch verbürgt ist das. Erzählt uns eine Frau, die als Historikerin viel über den Fritzen zu wissen scheint. Schwul soll er jedenfalls nicht gewesen sein. Berichtet vielsagend ein Kollege. Dafür ganz dolle einsam und verbittert. Und wohl auch etwas seltsam. In so ziemlich jeder Beziehung. Bemitleidenswerter, komischer kleiner Mann!

Was man sonst noch so lernt? An Wissenswertem? Das man als halbwegs aufgeklärter Zeitgenosse nicht ohnehin schon weiß? Wenig. An Skurrilem? Das man als geschichtlich interessierter Mensch mangels Bedeutsam- und/oder Überprüfbarkeit weder in diesem noch im nächsten Leben gehört oder gesehen haben muß? Reichlich!

Und die Moral von der Mär? Man lasse die ach so seriösen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten (mit Bildungsauftrag!) eine Spielfilmdoku zu Ehren des großen Preußenkönigs basteln, ergötze das wissbegierige Publikum mit burlesken Episödchen aus dessen Leben, gebe mit Hilfe historisch bestens bewanderter Expertenschaft vor, die Posse stünde auf historisch bombenfestem Grunde (fester noch als Katharina Thalbachs Micky-Maus-Stimmchen!) und nutze im übrigen die Gelegenheit, aus einer der größten Gestalten der europäischen Geschichte eine Lachnummer sondergleichen zu machen.

Bleibt im Grunde nur noch eine Frage zu klären: wie lange, und diese Frage geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf, hat sie wohl gebraucht, die gute Frau Thalbach, um derart authentisch im STEHEN pinkeln zu können?! Mal ehrlich, die kann das ja besser als ich! Und dann auch noch mitten rein in die Natur - vor versammelter Preußenschaft! Alle Achtung! Wie oft sie für diese (selbstverständlich historisch verbürgte) Szene wohl geprobt haben mag? Womöglich hat ihr Jan Peter persönlich gezeigt, wie man den Hosenstall beim Pinkeln historisch korrekt öffnet und wieder schließt? Oder gab es damals noch keinen Hosenstall? Und der Wind? Woher kam der eigentlich, hm? Ihr seht schon, da bleiben wohl doch noch einige Fragen unbeantwortet...

Der 'Alte Fritz' feiert am 24. Januar seinen 300. Geburstag. Die Überraschungsparty schmeissen: Jan Peter, der rbb, der mdr, swr & wdr, sowie arte, die MDM, der MBB und der DOKfilm. Viel Spaß!

1/10

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