Als „American Pie“ 1999 in die Kinos kam, bedeutete der Film nichts weniger als die Auffrischung eines in die Jahre gekommenen Genres. Anders als die Highschool - Filme der 80er Jahre, betrachtete „American Pie“ das Erwachsenenwerden weniger aus einem sensiblen Blickwinkel, sondern mehr aus dem konkreten Wunsch seiner männlichen Protagonisten nach Sex und Fun. Im Gegensatz zu vielen Filmen, die im Fahrwasser von "American Pie“ diese Thematik nur noch als Aufforderung verstanden, möglichst viele Titten und vermeintliche Tabubrüche ins Bild zu rücken, verband der Film seine freche Respektlosigkeit mit einem realistischen Blick auf die männlichen Jugend – und traf damit einen Nerv.
Schon die beiden autorisierten Fortsetzungen fielen weniger durch neue Ideen, als durch die Steigerung schon bekannter Motive auf, weshalb man es 2003 nach der Hochzeit von Jim (Jason Biggs) und Michelle (Alyson Hannigan) dabei beließ. Jetzt, knapp zehn Jahre später, wieder die damaligen Darsteller aufeinander loszulassen, könnte verschiedene Gründe haben – nostalgische Gefühle wecken bei Fans, neue Entdeckungen für Erstseher oder einfach mal wieder einen anständigen Job für die Darsteller, deren Image größtenteils durch „American Pie“ geprägt wurde. Vielleicht hatten die Macher auch vor, das Leben der Dreißigjährigen unter ganz neuen Gesichtspunkten zu betrachten, aber davon ist im Film leider nichts zu bemerken.
Im Gegenteil wird schnell deutlich, das „Das Klassentreffen“ nur wieder die alten Geschichten aufwärmt. Natürlich haben die Protagonisten inzwischen alle ein Jahrzehnt hinter sich gebracht, aber verändert haben sie sich deshalb nicht. Stifler (Seann William Scott) ist immer noch der ewige Partymacher und Sexsüchtige, der als Einziger im Heimatort geblieben ist, und sofort wieder die Rolle des spaßbringenden Idioten einnimmt, der seine Fäkalien irgendwo zurücklässt. Auch die anderen Protagonisten bleiben ihren angestammten Rollen treu – Jim (Jason Biggs) tappt von einer trotteligen Situation in die andere, darf aber auch wieder Derjenige sein, vor dem sich eine Schöne entblößt, Finch (Eddie Kaye Thomas) gibt wieder den Intellektuellen und arbeitet an seiner Außendarstellung, und Kevin (Thomas Ian Nicholas) und Oz (Chris Klein) treffen auf ihre Ex-Freundinnen Vicky (Tara Reid) und Heather (Mena Suvari), um die gleichen Gefühlsverwicklungen erneut zu erleben.
Das den Protagonisten diverse neue Partner angeheftet wurden, sind reine Äußerlichkeiten, denn charakterliche Tiefe wird diesen nicht gegönnt. Eher stellt sich die Frage, wieso Oz und Heather mit solchen Unsympathen zusammen sind. Viel wesentlicher ist, das auch Jim’s Dad (Eugene Levy) und Stifler’s Mom (Jennifer Coolidge) wieder mitmischen, so wie vielen vertrauten Nebenfiguren zumindest kurze Szenen gegönnt werden, wodurch sich tatsächlich das Gefühl eines Klassentreffens einstellt – vertraute, sympathische Charaktere, nostalgische Erinnerungen und das Erzählen alter, früher witzigerer Geschichten.
Wem das genügt, ist in „American Pie – Klassentreffen“ gut aufgehoben, aber mit der treffsicheren Qualität des Originals, auch mit dessen frechen Charme hat der Film nichts gemein. Was bei den Jugendlichen noch das notwendige Übertreten von Grenzen war, womit das Risiko, sich dabei lächerlich zu machen, einfach dazu gehörte, ist hier oft nur noch peinlich und aufgesetzt. Oder schlimmer noch – brav und spießig. Der erste Teil lebte davon, respektlos Tabus zu brechen, hier bemühen sich die Protagonisten letztlich nur darum, trotz kleinerer Missgeschicke noch ins Fahrwasser des bürgerlichen Lebens zu kommen.
Auch der erste Teil löste am Ende alles positiv auf, aber ohne Anspruch auf Endgültigkeit und in seiner Wertigkeit sehr unterschiedlich. Dagegen vertritt „American Pie 4“ nur wieder die übliche Hollywood These, dass die Generation der Dreißigjährigen endlich vernünftig werden sollte, gefühlige Verbrüderungsszenen inclusive. Selbst Stifler, der zwar für den Spaß zuständig sein darf, dessen Loser-Image aber immer greifbarer wurde, muss deshalb am Ende etwas erwachsen werden - Ordnung muß sein, außer man hat fast schon das Rentenalter erreicht wie Stifler's Mom und Jim's Dad (4/10).