Das Indie-Drama „Smashed" zeichnet einen authentischen, allerdings auch arg überraschungsfreien Weg der jungen Alkoholikerin Kate zurück ins normale Leben. Vor allem die schauspielerische Leistung von Mary Elizabeth Winstead in der Hauptrolle sowie die straffe aber mitunter sehr konventionelle Dramaturgie machen den Film von Regisseur James Ponsoldt gleichwohl sehenswert und hieven ihn knapp über den Durchschnitt.Als sich Kate Hannah (Mary Elizabeth Winstead) nach einer durchzechten Nacht vor ihrer Grundschulklasse übergeben muss, gesteht sie sich ihr Alkoholproblem ein. Mit Hilfe ihres Kollegen Dave (Nick Offerman) und den Anonymen Alkoholikern krempelt sie ihre Leben nach und nach um. Doch damit beginnen die wahren Probleme erst, denn die Verfehlungen ihrer Vergangenheit schlagen erbarmungslos zurück und auch ihre Ehe mit dem ebenfalls alkoholkranken Charlie (Aaron Paul) wird auf eine harte Probe gestellt.
Das Thema Alkoholismus hat einen festen Platz im dramatischen Film. Als Volksdroge des Westens hat das Thema ohnehin eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Die weitgehende Tabuisierung der Krankheit ist dazu gleich in doppelter Hinsicht filmisch reizvoll, das Konflikte sowohl auf innerer, als auch äußeren Ebene stattfinden - etwa wenn die Protagonisten ihre Umwelt im unkontrollierten Rausch vor Rätsel stellen. Schon in „Das verlorene Wochenende" (1948) machte Billy Wilder Alkoholismus zum zentralen Thema der Handlung und auch der Suffpoet Charles Bukowski inspirierte Hollywood gleich zu mehreren Filmen („Barfly", „Faktotum"). Auch unser trinkfreudiges Heimatland hat an dieser Front mit „Der Trinker" (1995), „Dunkle Tage" (1999), „Mein Mann der Trinker"(2008) „Wie ein Licht in dunkler Nacht" (2011) einigen sehenswerte Beiträge hervorgebracht.
„Smashed" (2012) unterscheidet sich von ähnlichen Streifen, zumindest anfangs, in seiner Grundtonalität.
Das wird spätestens im zweiten Akt deutlich, in dem Kate seine Alkoholsucht nach allen Regeln des Genres stellen darf. Auf Einsicht folgt Skepsis vor den bizarren Ritualen der Anonymen Alkoholiker. Die wird allerdings durch den Auftritt der wortgewaltigen schwarzen AA-Übermutti Jenny (Oscarpreiträgerin Octavia Spencer) weggewischt. Natürlich bringt das neue, trockene Leben alsbald neue Probleme mit sich, wobei ewig der Rückfall droht. Kurz: Das gesamte Einmaleins des Entzugsdramas wird durchgekaut, was trotz der straffen 80 Minuten Laufzeit zu der einen oder andere Länge führt. Der zweite Akt, der inhaltlich mitunter an die Grenze des Klischees abgleitet, gerät so eindeutig zum Schwachpunkt des Films. Erzählerisch wird dabei solider Standard geboten wobei einzelnen Sublots wie die Episode mit ihrer Mutter und dem Absturz im Spirituosenladen hingegen wie uninspirierte Lückenfüller wirken. Es bleiben Szenen, die zwar in sich schlüssig sind, handlungstechnisch aber vollkommen irrelevant geraten. Wenig erhellend ist auch die Beziehung zwischen Kate und Charlie. Beide werden nicht müde zu betonen, dass sie füreinander die große Liebe sind, wirklich greifbar wird das für den Zuschauer aber zu keinem Zeitpunkt. So verliert auch die finale Entscheidung etwas an Kraft, in dem Kate vor die Wahl zwischen ihrer Ehe und ihrem neuen Leben gestellt wird. Glücklicherweise widersteht Ponsoldt der Versuchung, Charlie genretypisch als gewalttätiges Säuferarschloch zu inszenieren. Im Gegenteil, ihr Charlie ist sanft, nett, sogar verständnisvoll. Er ist eben nur etwas faul und will um Gottes Willen nicht die Finger vom Alkohol lassen. So bleibt die Zeichnung ihrer Beziehung zwar unkonventionell aber auch unterentwickelt.
Schauspielerisch geht das alles schwer in Ordnung. Mary Elizabeth Winstead („Final Destination III"„Black Christmas", "Stirb Langsam IV, V"), normalerweise eher im Mainstream und Horrorgenre zu Hause, bietet als Normalo-Alki eine wunderbar subtile Vorstellung ab, Aaron Paul („Breaking Bad"), als verständnisvoller Suffbruder bleibt hingegen etwas blass. Die Nebenrollen werden durch einige bekannte Gesichter komplettiert, auch die Inszenierung ist weitaus hochwertiger, als es das Minibudget von 500.000 Dollar (weniger als eine Tatortfolge) es vermuten lassen würde.„Smashed" (2012) liefert insgesamt solide Dramenkost, schwächelt aber gerade im zentralen zweiten Akt durch einige doch sehr handelsübliche Storyentwicklungen. Die Hautdarstellerin Mary Elizabeth Winstead liefert die bislang beste Leistung ihrer Karriere ab vor allem weil sie ihre Figur zu keinem Zeitpunkt überzeichnet.
Daran werde ich mich erinnern: Kate pisst wie selbstverständlich ins Bett und Charlie wischt hinterher.