Review

Nachdem „Der Mann mit dem goldenen Colt“ zu den schwächeren Bonds gehörte, lieferte Lewis Gilbert mit „Der Spion, der mich liebte“ anschließend eines der Highlights der Serie.
Schon die Pre-Title Sequenz ist mal wieder ein Augenschmaus. Man erfährt kurz, dass zwei Atom-U-Boote verschwinden und dass die Sowjetunion ihre Agentin Anya Amasova (Barbara Bach) alias Triple X darauf ansetzt. James Bond (Roger Moore) kommt gerade beim Schäferstündchen als eine Horde russischer Agenten ihm den Garaus machen will, doch beim Abfahrtslauf schickt er die Radaubrüder über den Jordan. Die Skiszene ist mal wieder von Willy Bogner choreographiert worden und sieht wirklich toll aus.
Einsatzbriefing 007: Man vermutet, dass die Atom-U-Boote zu einem bestimmten Zweck entführt wurden – und liegt richtig. Der größenwahnsinnige Reeder Karl Stromberg (Curd Jürgens) will mit Hilfe beider Boote einen Atomkrieg anzetteln und anschließend eine neue Zivilisation auf dem Meeresboden ansiedeln. Das ist mal ein wahrhaft größenwahnsinniges Motiv und fernab von Realismus, aber das waren Blofeld und SPECTRE auch.

Also schickt man Bond nach Kairo, wo er neue Informationen sammeln soll – und auf Anya trifft, die das Gleiche vorhat. Anfangs noch in Konkurrenz, bald gemeinsam versuchen die Agenten beider Mächte den größenwahnsinnigen Schurken zu stoppen…
Wenn man eine Schwäche bei „Der Spion, der mich liebte“ festmachen will, dann höchstens die Tatsache, dass der Plot nur wenig komplex ist. Von Anfang steht der Fiesling fest, sodass nur die Schnippchen, die sich Triple X und 007 schlagen, noch vor Überraschungen sorgen (u.a. weil Any an sich geschworen hat, den Mann zu töten, der ihren Geliebten umbrachte – und das war Bond). Doch Lewis Gilbert gestaltet den Film dermaßen temporeich, dass diese Mängel gar nicht wirklich auffallen – alle paar Minuten ist etwas los, selbst in der vergleichsweise actionarmen ersten Hälfte.

Vor allem im Bereich Locations gehört „Der Spion, der mich liebte“ zu den besten Bonds: Die verschneiten Alpen, Kairo, allerlei maritime Schauplätze (u.a. ein Supertanker und die Unterwasserfestung Strombergs) usw. Damit ist „Der Spion, der mich liebte“ schon allein optisch eine klare Verbesserung zum in dieser Hinsicht etwas drögen Vorgänger. Auch der Humor wird hier stärker betont und Bond darf denkwürdige Oneliner in rauer Menge reißen, bleibt aber stets auf jene verschmitzte Weise charmant, die Roger Moores Bondfilme auszeichnet.
Natürlich sind M (Bernard Lee), Miss Moneypenny (Lois Maxwell) und Q (Desmond Llewelyn) wieder mit dabei, bekommen hier aber recht wenig Screentime. Dafür bekommt man hier jede Menge ausgefallener Gimmicks in Qs Werkstatt zu sehen und die Endszene mit den Vorgesetzten von Anya und Bond ist sehr amüsant. Anya ist zudem nicht so passiv und hilfsbedürftig wie andere Bondgirls (muss zum Schluss dann aber doch gerettet werden). Im Bereich Bösewichte bekommt man neben dem etwas gemächlichen, aber dennoch charismatischen Stromberg noch Beißer (Richard Kiel), den Hünen mit dem Stahlgebiss serviert. Als einer der coolsten Handlanger hat er hier einen wirklich einprägsamen Auftritt und darf sogar gegen einen Hai antreten (kleiner Gag: Beißer heißt im Original Jaws – so wie „Der weiße Hai“ im Original „Jaws“ heißt).

Doch auch die Action überzeugt auf ganzer Linie. Zumeist geht es in der zweiten Hälfte rund, dafür aber richtig. Neben diversen, nett choreographierten Nahkämpfen gegen einzelne Handlanger stehen u.a. die Zerstörung der Fieslingsfestung, ein ausgiebiges Feuergefecht auf einem Supertanker und eine Verfolgungsjagd auf dem Plan. Letztere ist ein echtes Actionhighlight, wenn Bond mit seinem sogar tauchfähigen Lotus gegen Motorräder, Autos und sogar einen Hubschrauber antritt, die mit vielen Gimmicks ausgeschaltet werden.
Roger Moore spielt seine Bondrolle hier mal wieder mit enorm viel Elan und erbringt eine seiner besten Leistungen. Bernard Lee, Lois Maxwell und Desmond Llewelyn sind gewohnt gut, Curd Jürgens und Richard Kiel geben die Fieslinge sehr eindrucksvoll. Auch Barbara Bach als Bondgirl lässt kaum Anlass zur Klage, obwohl sie in ein paar Szenen nicht tough genug für eine Agentin rüberkommt.

Unterm Strich ist „Der Spion, der mich liebte“ einer der besten Bondfilme mit exotischen Locations en masse, massig trockenen Sprüchen, viel Charme und reichlich Action. Zwar nicht sonderlich komplex, aber temporeich und extrem kurzweilig.

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