„Der Seeräuber“ von 1942 ist ein vergnügliches Piratenabenteuer der alten Hollywood-Schule. Hier herrscht ein raubeiniger Ton, Bier wird direkt aus Fässern getrunken und Streitigkeiten werden mit tollkühnen Säbelduellen und flotten Sprüchen aus der Welt geschafft. Henry Morgan, auch im echten Leben ein Pirat, möchte in diesem Film seine einstigen Kameraden und Weggefährten überreden, das Lasterleben zugunsten eines gut bürgerlichen Lebens aufzugeben, welches ihm vom englischen König Karl II versprochen wurde. Voraussetzung ist die Ansiedlung der einstigen Piraten in der Kolonie Jamaika. Natürlich sind nicht alle überzeugt von diesem Plan und so bilden sich Fronten zwischen den Piraten, die zum Bürgertum überwechseln wollen und denen, die weiterhin dem räuberischen Leben frönen möchten. Und natürlich spielt auch die Liebe eine Rolle, die diese Pulverfass-Situation zum Explodieren bringt. Henry Morgan spielt in diesem Film gar nicht die Hauptrolle, es ist eher sein Kumpane James Waring, gespielt von Tyrone Power, welcher in der Handlung die Strippen zieht und ehrenhaft versucht, den guten Ruf seines Freundes aufrecht zu erhalten. Tyrone Power ist mir bereits in „König der Toreros“ von 1941 sehr positiv aufgefallen, wo er einen Stierkämpfer verkörperte, der seiner Leidenschaft zu einer Frau erliegt. Im „Seeräuber“ verhält es sich ein wenig anders, denn hier muss er als Mann ohne Anstand und Manieren seine Auserwählte, ausgerechnet die Tochter des Gouverneurs (Maureen O‘Hara), davon überzeugen, dass er das Herz am rechten Fleck hat. Und das tut er reichlich „ungeschickt“, indem er sich ihr regelrecht aufdrängt und sie später sogar, in einem Sack verschnürt, entführt. Ich möchte hier nicht das Ende verraten, allerdings ist dieser Film, wie schon erwähnt, ein Kind seiner Zeit und dadurch kann man bereits erahnen, wie die Sache ausgehen wird. „Der Seeräuber“ punktet mit opulent ausgestatteten Kulissen, liebevoll ausgewählten Requisiten und für seine Zeit großartigen Effekten und liefert damit eine tolle Atmosphäre mit der nötigen Prise Piratenromantik, für die man diese alten Filme so liebt. Es gibt tolle Seegefechte mit Kanonenqualm und zerberstenden Schiffen zu sehen, Säbel rasseln tanzend über den Bildschirm! Tyrone Power und Maureen O‘Hara spielen ihre Rollen noch etwas überzeichnet (fast ein wenig wie im Stummfilm), aber es macht Spaß ihnen zu folgen. Neben ihnen taucht in einer Nebenrolle der damals noch nicht so bekannte Anthony Quinn auf, stilecht mit Augenklappe. Der Antagonist Pirat Leech gibt ebenfalls eine tolle Performance ab. Er ist die Verkörperung eines bösen Piraten, wie man sich das vorstellt. Die Handlung ist trotz einiger kitschiger und überzeichneter Momente kurzweilig und macht Spaß, weil man für knapp 85 Minuten mal wieder Kind sein und in die abenteuerliche Welt der Filmpiraten abtauchen darf.