"Endlich mal wieder ein historischer Film mit kleinem Budget und interessanten Schauspielern" dachte ich, als ich die DVD erwartungsvoll in den Player schob. Gerade "kleine" Filme, die keine epischen Schlachten, oder Schicksale von ganzen Königshäusern darstellen, können zuweilen sehr interessant sein, wenn sie dafür mehr den aus heutiger Sicht fremd anmutenden Alltag einer vergangenen Epoche darstellen. Hierzu benötigt man auch keine finanziellen Mittel im mehrstelligen Millionenbereich.
The Reckoning hätte ein solcher Film werden können. Der Aufhänger der Story ist allemal interessant: Im England des 14. Jahrhunderts flieht ein Mönch (Paul Bettany) aus seinem Kloster, den Grund kann man anhand von fragmentarischen Rückblenden lange Zeit nur erahnen. Er schließt sich einer Truppe fahrender Künstler unter der Führung von Willem Dafoe an. Aufgrund eines Achsbruchs müssen sie ihre eigentliche Reise in einem kleinen Ort unterbechen, über dem bedrohlich die Burg des Grafen de Guise ihre Schatten ausbreitet. Um das Geld für die Reparatur ihres Wagens bezahlen zu können, führen sie ein Schauspiel auf, das sich nicht mit den sonst üblichen Bilbelgeschichten, sondern mit einem jüngst geschehenen Mord an einem Jungen aus dem Dorf auseinandersetzt. Bei ihren Recherchen zu der Geschichte stellt sich bald heraus, dass hinter dem Mord mehr zu stecken scheint, als auf den ersten Blick ersichtlich ist, und so werden die Protagonisten unweigerlich in den Strudel der Ereignisse hineingezogen...
Der Film zeichnet sich visuell vor allem durch seine gelungen Aufnahmen einer überwiegend Winterlandschaft und des unspektakulären Dorfes aus, in dem er spielt. So kommt anfangs eine ähnlich beklemmende Atmosphäre auf wie beispielsweise in "Der Name der Rose". Alles wirkt ärmlich und schmutzig, es gibt keine "wohlgestalten" Akteure in dieser Inszenierung, und so erscheint der Filmt genauso, wie man ihn sich aufgrund der Einleitungsgeschichte vorgestellt hat. Nicht spektakulär, jedoch durchaus stimmungsvoll und passend.
Die schaupielerisch glaubwürdigste Leistung liefert hier Willem Dafoe ab, der zunächst sturköpfig und misstrauisch eine glaubhafte Wandlung durchmacht. Paul Bettany, von dem ich anfangs gern mehr gesehen habe, enttäuscht alsbald mit zu engagiertem Spiel und der Entwicklung eines unglaubwürdig mutigen Hangs zur Aufdeckung der Geschehnisse.
Überhaupt ist die zweite Hälfte des Films diejenige, mit der man sich als Freund einigermaßen realistischer Handlungsfäden nur schwer anfreunden kann. Setzt die Story anfangs noch auf eben diesen Realismus, indem sie die Schauspieltruppe in der Vergangenheit ausschließlich bibliche Stücke aufführen ließ, werden die Bedenken der beteiligten Protagonisten nicht nur sehr schnell beiseite gewischt, das Schaustück wird ebenso wie der Filmplot immer mehr zur Räuberpistole. Von der anfänglichen Angst vor der Obrigkeit ist zum Ende des Films immer weniger zu bemerken, im finalen Showdown bietet man gar dem Grafen selbst auf offenem Marktplatz anlässlich einer Hinrichtung die Stirn, ohne dass der Sheriff oder seine Männer dem aufrührerischen Treiben einhalt gebieten würden. Das Finale setzt hier dann noch einen drauf, so dass man als Freund des historischen Films nur noch den Kopf schütteln kann.
Schade, denn unter'm Strich kann man zu The Reckoning lediglich sagen: "Hätte man was draus machen können".