Review

Mein lieber Oliver Stone, Du hast uns mit vielen Filmen wie "Platoon", "Wall Street", "JFK" oder "Natural Born Killers" glücklich gemacht und nebenher mit diesen Werken noch ein gutes Stück Filmgeschichte geschrieben.
Aber was Du mit "Savages" abgeliefert hast, ist mal voll für die Tonne. Wie in vielen anderen Filmen verarbeitest Du Deine eigenen Erlebnisse, mit "Savages" kommt also der Film, der eine Huldigung an Deinen Drogenkonsum rechtfertigen soll. Wie war das noch? Bei "Natural Born Killers" Pilze gefressen, bei "Platoon" schön einen mit den Darstellern am Lagerfeuer gedampft und auch Kokain war ja mal Dein Wegbegleiter in einigen Jahren - Im Nachhinein war das ja bei Dir gar nicht so verkehrt, da diese Drogen zur "Bewusstseinserweiterung" führen, und wer weiß, wenn Du nicht öfters ordentlich die Bong geölt hättest, ob die Filme auch so gut geworden wären.


Bei "Savages" züchten also zwei Buddies, der eine Ex-Soldat namens Chon (Taylor Kitsch) und der andere der bekennende Buddhist und Pazifist Ben (Aaron Johnson),   das beste Marihuana auf Erden, teilen sich nebenher Blondschopf Ophelia bzw. "O." (Blake Lively), weil der eine (laut O-Ton von "O.") ficken kann und der andere Liebe macht, aha.
Das Geschäft mit dem besten Gras der Welt geht aber nicht sehr lange gut, weil das Trio aus heiterem Himmel von einem mexikanischen Drogen-Kartell überrollt wird, bei dem Elena (Salma Hayek) das Zepter schwingt und ihr kreativer Handlanger Lado (Benicio Del Toro) die Drecksarbeit erledigt.
Das Kartell will bei dem Geschäft als Partner mitmischen, was die beiden jedoch nicht mitmachen und so wird kurzerhand O. entführt, die getötet werden soll, wenn die Kumpels nicht jegliche Forderungen in der nächsten Zeit erfüllen werden (darunter zählen neben 150 kg Gras liefern auch etliche Geldforderungen). Voilá, den restlichen Filmverlauf kann man sich denken.

Während der Anfang schon träumerisch verspielt wirkt (die beiden Kumpel liefern an Apotheken ihren Stoff oder unterstützen ärmere Länder mit ihrem erarbeiteten Kapital) und uns dieses Trio als sympathische Kiffer andrehen will, kommt mit den Bad Guys so die erste Coolness rüber, die erstmal einen zahlungsunwilligen Kunden aus dem Weg räumen. Schon da macht sich so das gewisse, dreckige Flair breit, bei dem auch nicht mit Gewaltspitzen gespart wurde, und ich warte echt die ganze Zeit nur drauf, dass mal wieder ein Herr Tarantino in die örtliche Bar gestolpert kommt und einen Witz über einen pissenden Mann erzählt.
Doch so cool, wie der Film sein will, ist er nicht. Travolta, der endlich mal zu seiner Platte auf dem Kopf steht, zeigt mit seinem sauberen Auftritt als undurchschaubarer Agent den beiden Jungspunden, wie man sich vor der Kamera zu präsentieren hat. Dasselbe gilt für Del Toro. Dieser Mann ist für solch einen Filminhalt geboren und man spürt in jeder seiner Szenen, dass er diesen Film "gelebt" hat. Ob er mit Stone abends einen Paffen gegangen ist, weiß ich nicht. Dagegen ist Hayek als unfreiwillige Kartell-Chefin mit Herz  ein Flopp und nicht ernstzunehmen. Ihre ganze Familie wurde während dem Drogenkrieg ausgelöscht und nimmt somit die Erbschaft als Gras-Pate an. Natürlich hat sie noch eine Tochter (Mía Maestro), die "zufälligerweise" in den USA lebt und Mami wegen ihrer Tätigkeiten hasst. Und jedes blinde Huhn dürfte erahnen, was für eine Rolle das Töchterchen noch spielen wird. Da brauche ich gar nichts zu spoilern. Auf jeden Fall unglaublich platt, dass Stone solche billige Mittel braucht, um dem Film eine Wendung zu geben.

So strauchelt der Film zwischen Katz- und Mausspiel hin  und her. Nicht nur das Kartell ist übermächtig, sondern auch Chon und Ben haben so ihre Beziehungen, worunter eben Travolta fällt, Emile Hirsch als Bilanzfälscher und drei Scharfschützen, die man, glaub ich, einmal zu Gesicht bekommt und ansonsten nur wie in "Counterstrike" über Funk mal was bluppern dürfen.
 
Die Story, dass Chon und Ben zu Savages (dt. Wilden) werden, nur weil die Bumsbraut entführt und evtl. getötet wird, sie dabei vor nichts zurückschrecken und über Leichen gehen, ist weit hergeholt und nicht gerade glaubwürdig. Zudem verhaspelt sich Stone in seinen ganzen Nebenfiguren etwas, was dem roten Faden schadet und somit die Spannung raubt. Und wenn der gute Mann auf viele Nebenfiguren eingeht, hätte er zumindest den  drei Scharfschützen noch etwas Screentime spendieren dürfen. Denn so unwichtig sind sie nun auch nicht. Man hätte dieses Projekt etwas straffen können. Selbst der eigentliche Kniff, wer hier zu wem loyal ist, geht meiner Meinung nach in die Hose, da diese Loyalität auch nur für so manch einen Twist im letzten Drittel herhalten müssen und aufgesetzt wirkt.
Und zur Schluss-Sequenz, die mich gnadenlos an "Wayne´s World" erinnert, sag ich mal lieber gar nichts.

Selbst wenn ich den kompletten Anspruch weglege, kann ich behaupten, dass "Savages" micht nichtmals über die ganze Laufzeit unterhalten, sondern teilweise auch genervt hat.
Zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, dass Oliver Stone hier auf dem Regiestuhl sitzt, sondern ein Paul W.S. Anderson, der ein Drehbuch von Tarantino/Rodriguez in die Finger bekommen hat. So erbärmlich hat sich das Gesehene angefühlt. "Savages" ist kein schlechter Film, aber auch kein Teil, das ich mir zur Zweitsichtung mal ausleihen würde.

4/10

Details
Ähnliche Filme