Review

Die Leute mögen sich über die Gewaltszenen in Savages aufregen, ich muss ihnen leider entgegnen: Die Wirklichkeit ist noch viel schlimmer. (Don Winslow, SZ-Magazin 37/2012)

Don Winslow, der Autor von "Tage des Zorns", der Romanvorlage zu "Savages", ist ein faszinierender Typ, dessen Biografie sich so spannend liest wie seine Romane. Der Mann ist rumgekommen in der Welt und hat einiges erlebt, ein Grund dafür, dass seine Romane bei aller Fiktion auf festem Grund und Boden stehen. Und deshalb möchte ich es nicht unkommentiert lassen, wenn manche Kritiken die Handlung von "Savages" als völlig unrealisitisch und an den Haaren herbeigezogen darstellen. Man kann den Film mögen oder nicht, das ist Geschmackssache und absolut in Ordnung.

Sieht man sich die Beurteilungen auf den unterschiedlichen Plattformen an, findet man doch einige kritische Stimmen, sowohl bei den Laien als auch bei den "Profis" (wobei es mich wirklich gefreut hat, dass Roger Ebert zu den Fans des Streifens gehört). Nun ja, ich zähle zu denen, die diesen Film und vor allem eben auch die Romanvorlage richtig gut finden. Ich bin ohnehin ein Krimi-/Thrillerfan und bei Winslow gefällt mir so besonders, dass er weiß, worüber er schreibt. Für seinen Roman "Tage der Toten", der den Drogenkrieg in Mexiko zum Thema hat, recherchierte er sechs Jahre lang. Die Ergebnisse dieser Recherche flossen auch in "Savages" ein, die Surferszene Kaliforniens kennt Winslow ebenfalls hervorragend, sie ist Gegenstand weiterer empfehlenswerter Romane ("Frankie Machine", "Pacific Private", "Pacific Paradise").

Dass die Figuren in "Savages" keine Leute sind, die man als durchschnittlicher Kalifornientourist kennenlernt, ist kein Grund, sie als unrealistisch einzustufen. Auch ich lebe nicht in einer durchgeknallten Dreiecksbeziehung, kann mir aber dennoch vorstellen, dass es sowas gibt. Klar, Ben, Chon und "O" sind wirklich keine "Normalos", aber ihr Verhalten wird begründet. Winslow selbst formulierte es so: Alle drei Charaktere kommen aus kaputten Familienverhältnissen und
bilden ihre eigene Ersatzfamilie. Sie sind ehrlich genug, damit das
funktionieren kann.
(Quelle s.o.) Mir ist letztlich auch egal, ob das alles genau so im echten Leben oft passiert, schließlich macht das ja auch den Reiz von Filmen aus, sich eine Welt anzusehen, die der eigenen recht fern ist.

Die Geschichte, die erzählt wird, ist spannend, unterhaltsam und ja, auch brutal und teilweise richtig abstoßend. Winslow will mit seinen Romanen auch aufklären und anklagen, vor allem die Drogenpolitik der USA, die aus seiner Sicht gescheitert ist. Und er will zeigen, dass jede Beteiligung am Geschäft mit Drogen unheilvoll endet: Nicht der Drogenkonsum, auch nicht der Sex zerstört sie, sondern
all das, was mit dem Handel von Drogen einhergeht. Meine Figuren
glauben ganz naiv und wohl auch etwas arrogant, sie  könnten in
diesem Geschäft mitmischen, ohne sich die Hände schmutzig zu
machen. Sie müssen lernen, dass sie in dieser Welt nicht ohne Gewalt
auskommen, die Gewalt zerstört sie, nicht allein der Konsum.
(Quelle s.o.)

Mir hat "Savages" wirklich gut gefallen, es treten einige spannende und vor allem nicht eindimensionale Charaktere auf. Nicht immer lässt sich einfach unterteilen in "gut" und "böse", verschiedene Facetten werden beleuchtet und der Film bietet einen erstaunlich ansprechenden Schluss, der der Romanvorlage nicht geradlinig folgt. Auch optisch und musikalisch macht die Verfilmung einiges her. So sehr Oliver Stone teilweise kritisiert wurde für diesen Film, ich kann mich dem einfach nicht anschließen, habe im Gegenteil einen besonders intensiven und anregenden Abend erlebt und möchte deshalb schlussendlich empfehlen, sich den Streifen anzusehen und fast noch mehr, zu den Büchern Winslows zu greifen.

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