Review

Es gibt sehr viele Filme für das Massenpublikum. Zählen wir sie doch mal alle auf: Da wären in erster Linie die Mainstreamer, die alles konsumieren und geil finden, wenn Hollywood etwas produziert, bei dem es Knall, Bumm, Peng macht, auch wenn die Story noch so doof ist. Dann gibt es da die Sparte "It´s Kiddie-Time!". Also Kinder und Jugendliche, die in trickfilmanimierte oder Hobbit-gesättigte Filme ziehen und ganze Scharen von Familie mit sich schleppen, als würde es am Ende der Laterne eine St.Martins-Brezel geben. Dann gibt es mittlerweile seit neustem die 3D-Geschädigten, den so ziemlich alles Latte ist, hauptsache die Effekte stimmen. Ob der Film doll ist oder nicht. Interessiert keinen Menschen.
Slasher- und Hächsler-Freaks wie ich müssen sich da eher noch mit DTV-Produktionen abspeisen lassen, da diese im Kino nicht (mehr) ziehen und wenn es ganz schlimm kommt, muss der geneigte Fan zu einer (ungeschnittenen) Metal-Box aus Österreich zurückgreifen, die locker mit stolzen 30 Euro auch nicht gerade vom Zacken gekauft werden kann.

Doch es gibt auch weitere Sparten, die noch weniger  ziehen und noch weniger Publikum anziehen und unter solch eine Sparte fällt "Wie beim ersten Mal", die nach Eheleuten schreit, die schon eine zweistellige Jahresanzahl verheiratet sind. Ein ziemlich heikles Unternehmen, denn  wenn auch hier mit Tommy Lee Jones, Meryl Streep und Steve Carell drei heiße Eisen in der Warteschlange stehen, dürfte das die Facebook-Generation (man hab ich gerade denen den Weltuntergang gewünscht) wenig kratzen. Selbst ich kann da nicht viel mitreden, da es um das Ehepaar Arnold (Tommy Lee Jones) und Kay (Meryl Streep) geht, die seit 30 Jahren eine Ehe führen, jedoch eher auf platonischer Basis. Sie funktioniert, auch wenn er alleine für sich im Bett schläft und beide keine Berührungen mehr kennen. Dennoch will Kay sich an alte Zeiten erinnern und bezahlt spontan von ihrem gesparten Geld eine Therapiewoche für 4000 Dollar an den Wunderheiler Dr. Feld (Steve Carell), der laut Videospots schon ganz andere Paare wieder geheilt hat.
Arnold ist angekotzt von dieser Idee, gibt jedoch nach und so fliegt das Ehepaar zu Dr. Feld um Überraschungen zu erleben...


Nun ja, was soll ich großartig dazu erzählen. Auch ich kann mit meinen paar Ehejahren nicht sonderlich viel mit dem Film anfangen, da er praktisch stocknüchtern erzählt wird, aufgeheitert durch leicht humorische Passagen aber eher dennoch das wahre Leben einer Ehe zeigt, die nach dreißig Jahren nicht mehr wissen, wann sie den letzten Sex hatten.
Regisseur David Frankel hat mit Tommy Lee Jones und Meryl Streep jedoch einen Volltreffer gelandet, die zwei Charakter verkörpern, die sich irgendwie lieben, jedoch auch vielleicht irgendwie einfach damit abgefunden haben, verheiratet zu sein und einfach nur auf den Satz. "Bis das der Tod uns scheidet" warten. Die beiden Schauspieler dis-/harmonieren bestens miteinander - während Streep die Ehefrau spielt, die sich damit irgendwie abgefunden hat und irgendwie auch doch nicht, spielt Tommy Lee Jones den Partner, für den diese Welt als völlig normal erscheint auch mit eiskaltem Kalkül.
So sehen wir anfangs das Alltagsleben der beiden, das beinahe völlig festgefahren scheint und dennoch ein funktionierendes Eheerlebnis widerspiegelt. Die erwachsenen Kinder sind ausgezogen, man geht dem Job noch die paar Jahre zur Rente nach und freut sich auf... Ja, genau das fragt sich Streep auch, denn mehr Stillstand in einer Ehe gibt es nicht. Küsse, Umarmung oder Sex gab es schon lange nicht mehr und so ergreift sie die Initiative, um ein Seminar für Ehekrisen zu bewältigen.
In der kauzigen Einführung hat Tommy Lee Jones schon einige ganz zarte Schmunzler auf seiner Seite, da er, wie gesagt, diesen Zustand als normal ansieht und auch im Geiste völlig kerngesund ist.

Spätestens, wenn die Figur von Dr. Feld eingeführt wird, könnte der Film brechen und sogar untergehen, da diese Rolle von Steve Carrel gespielt wird. Und wie wir alle wissen kann dieser Typ auch ganz anders komisch sein - da kann es mal unter die Gürtellinie gehen. Aber ganz ehrlich: Carrel ist nicht wiederzuerkennen, sein typischer Deppen-Charakter blitzt nur minimal durch (und genauso diese Dosis erfüllt  er  auch bei diesem Drama/Komödie perfekt) und ansonsten spielt er seinen Part als Arzt absolut fehlerfrei und ernsthaft.
Durch diese Dreierkombi entstehen Dialoge und auch Situationen, die zum Schießen sind (wohlgemerkt ich denke jetzt als wäre ich zwanzig Jahre älter und schon länger verheiratet) und dies geht meistens auf die Kappe von Tommy Lee Jones, der sich permanent angegriffen fühlt, er dieses Seminar als totalen Schwachsinn ansieht und dies auch nicht unterschluckt. Er sagt desöfteren seine grundsolide Meinung über den Therapeuthen selbst, hasst es über Wichsen etc zu reden und stellt auch dieses Seminar in Frage.

Das ist sicherlich keine Komödie für jedermann (und wenn ich ehrlich bin, für mich auch nicht), aber dennoch: In diesem Film steckt soviel Ernsthaftigkeit und Wahrheit drin, dass ich selbst nach vier Jahren Ehe schon minimale Parallelitäten sehe. Und ich will es erst gar nicht wissen, wie es Leuten geht, die diesen Film sehen, die schon wirklich + 20 Jahre verheiratet sind.


Dennoch: Auch wenn dieser Film hier und da mal seine Höhepunkte hat, geht ihm zum Ende hin die Puste aus und auch beim Finale kann man streiten, ob das wirklich realistisch ist. Tja, Jungs, in 20 Jahren drücke ich hier mal auf die Edit-Funktion und bewerte den Film neu.

Ansich hat er sich in einer mittleren Region angesiedelt, denn mehr konnte ich (bzw. meine Frau) "Wie beim ersten Mal" nicht entlocken, aber ich denke, dass viele Menschen, die schon zig Jahre verheiratet sind, diesen Film als nostalgisch oder verdammt wichtig ansehen könnten, und daher lass ich mal eine höhere Punktzahl übrig. Nur ein ist Fakt: Dieser Film ist eben für Leute gedacht, die verdammt lange verheiratet sind und nicht für solche Frischlinge ist, wie ich es einer bin. Leute, die Komödien suchen, sind hier sowieso an der falschen  Stelle.

Daher:

9/10

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