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Wer im Glassarg liegt sollte nicht mit Todesspritzen werfen

Ein gealterter und ehemaliger KZ-Arzt verfolgt seine Fetischs, Morde und Foltereien (vor allem an jungen Knaben) auch nach seiner Flucht in Spanien noch, will sich dann jedoch umbringen. Doch der Sprung vom Dach lässt ihn „nur“ in einer eisernen Lunge landen und dahinvegetieren, obwohl sich seine Familie um ihn in diesem Zustand immerhin kümmert. Doch seine eigentliche persönliche Hölle beginnt richtig erst als ein junger Mann als Pfleger und Helfer in dem kalten Haushalt anheuert, der eine gemeinsame Vergangenheit mit dem deutschen Sadisten hat und der nicht weniger als eines der perfidesten Machtspiele und Rachemenüs der Filmgeschichte auftischt… 

„In a Glass Cage“ aka „Tras el cristal“ ist einfach nur ein Brecher. Normalerweise gucke ich selten „nur“ einen Film am Abend - aber danach ging emotional und konzentrationsmässig erstmal gar nichts mehr! Den muss man erstmal sacken lassen… Was für ein unvergesslicher Gänsehauttreiber, was für ein fieser spanischer Thriller, was für ein verstörender Geheimtipp! Und dabei meine ich nichtmal nur die Tabus und Schockthemen wie KZs, Pedophilie, Machtmissbrauch, Traumata, radikalste Rache oder sexuelle Gewalt. Sondern die allgemeine Atmosphäre in „In a Glass Cage“ ist dermaßen nasskalt, eklig, alltraumhaft und faszinierend, dass man diesem legendären europäischen „Fucked Up-Movie“ alle seine berüchtigten Vorschusslorbeeren zugestehen muss. Zwischen „The Night Porter“, „The Servant“ und „Funny Games“. Jedes Atemgeräusch ein Luftzug direkt aus der Hölle. Jede Masturbation ein Dolchstoß durch die Kehle in die Seele. Vergangenheitsbewältigung war nie aggressiver, fokussierter und tödlicher. Das ist eines dieser Kaliber, das man froh ist abgehakt zu haben und für die nächste Zeit nicht direkt nochmal gucken muss. Und das dennoch unbedingt in die Sammlung muss! „In a Glass Cage“ verbindet diese gewisse spanische Thrillerversiertheit der letzten 15 Jahre mit den größten Schockern und „verbotenen“ Filmen vergangener Epochen a la „Salo“. Das geht unter die Haut, das fährt in den Nacken und in die Knochen, das kriegt man ganz sicher nicht innerhalb weniger Tage aus dem Gedächtnis. „In a Glass Cage“ hat die Kraft, Gemeinheit und Perversion auch abgekochteste Horrorhunde noch zu verstören. Und er ist dabei unendlich mehr als ein plattes Fest der Gewalt oder Tabus. Ein famoser, metallisch-giftiger Krimi, der das Blut wortwörtlich in den Adern gefrieren lässt. Schmeckt wie Eisen, riecht wie Schweiß, kommt auf leisen Sohlen, schlägt ein wie eine Splittergranate gefüllt mit tausend kleinen Glassplittern. Anspruchsvoll, hart, aber lohnenswert ohne Ende. 

Fazit: einer der kältesten und verstörendsten Filme, die je aus Spanien kamen… Das bleibt im Herz, in den Knochen, im Gedächtnis. Vom KZ über die eiserne Lunge direkt in die Hölle. Zerbrechlich, heftig und hardcore! 

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