Review

Episode 1 bis 3

Da in Deutschland bisher nur die ersten drei Episoden der Fernsehserie "Dungeons & Dragons" auf DVD erschienen sind, andererseits aber die Hauptfiguren einen Gastauftritt in "Honor Among Thieves" spendiert bekamen, nahm ich das zum Anlaß, einmal kurz in diesen frühen Versuch einer filmischen Umsetzung von D&D hineinzuschnuppern.

Im Jahr 1983 war das Rollenspiel "Dungeons & Dragons" immerhin noch beinahe ein Novum, und es sollte immerhin noch bis 1985 dauern, bis das deutsche "Schwarze Auge" auf die Pen and Paper-Gemeinde losgelassen werden sollte. Ein Kinofilm stand noch in den Sternen (und verunglückte schließlich im Jahr 2000 unter der Regie von Courtney Solomon), stattdessen entschied man sich zu einer Animationsserie fürs Kinderprogramm und damit zu einer Herangehensweise, die die ernsthafteren Aspekte des Spiels weitestegehnd ausblendete bzw. nur in stark abgemilderter Form verarbeiten konnte. Das Resultat ist locker-leichte Fantasy, die eine Heldentat an die nächste reiht, prinzipiell auf endlose Fortsetzbarkeit hin konzipiert wurde, und dabei seltsam hastig, oberflächlich und mindestens so skizzenhaft wie die seinerzeit erhältlichen frühen Abenteuermodule daherkommt. Obendrein wählte man einige Kids als Hauptfiguren, um der jungen Hauptzielgruppe den Zugang so leicht wie möglich zu machen.

Vor jeder Episode gibt es einen kurzen Prolog, der diese fahrige Hektik der Erzählweise überdeutlich belegt, denn das alles wirkt so als hätte man einen unveröffentlichten Pilotfilm auf das absolute Minimum an Information heruntergekürzt: ein paar Kids besteigen in einem Vergnügungspark die "Dungeons & Dragons"-Geisterbahn/-Achterbahn, geraten dabei in ein Dimensionsloch und finden sich prompt in einer Parallelwelt wieder. Dort gibt es den freundlichen Dungeonmaster, der den Kindern immer neue Aufgaben stellt, durch die sie wieder in ihre Welt zurückfinden sollen, sowie als Antagonisten den fünfköpfigen Drachen Tiamat und den bösen Zauberer Venger. Ähnlich wie die Spieler einer D&D-Runde in eine Rolle schlüpfen um als Held in einer feindlichen Umgebung ihr Selbst zu behaupten, werden auch die Kids bei ihrem Dimensionswechsel verwandelt: in kleine Barbaren, Zauberer, Prinzessinen der Akrobatik, etc.

Wie bereits gesagt, leicht und munter - aber nicht ohne finsteren Hintersinn. Denn dem gnomenhaften Dungeonmaster ist aus einer "erwachsenen" Sicht nicht zu trauen. Welches perfide Spiel spielt der mit den Kindern? Zwar stattet er sie mit magischen Kräften aus und für den Knuddelfaktor gibt es noch das kleine Einhorn Uni, gleichzeitig muss man aber einfach auch an Graf Zaroff aus "The Most Dangerous Game" denken, wenn einer mit immer neuen Quests und Rätseln daherkommt, oder an Jigsaw und seine Charaktertests (zumal wir aus "Honor Among Thieves" wissen, dass die Gruppe auch nach beinahe 40 Jahren noch in den Forgotten Realms herumhängt). Ein sadistischer Spaß eines alten Glatzkopfs, der vermutlich noch eine ganz andere Suppe kocht und möglicherweise seine Konkurrenten Tiamat und Venger loswerden will. Überhaupt scheint vor allem Venger die Ausprägung dieses dunklen Aspekts des Dungeonmasters zu sein, denn er trachtet den Kindern nach dem Leben oder will wenigstens ihrer Zaubermächte habhaft werden.

In der ersten Episode "The Night of No Tomorrow" wird dieses trügerische Doppelspiel vertieft, indem sich Venger als guter Zauberer Merlin ausgibt und Presto, den kleinen Magier der Gruppe, dazu verleitet, eine Horde Drachen auf das Dorf Helix loszulassen. Es ist nunmal ein ungeschriebenes Gesetz des Genres, dass Fantasybösewichte möglichst große Zerstörung anrichten wollen um danach über das zu herrschen, was noch übrig ist. In "The Eye of the Beholder" (nicht mit dem Computerspiel zu verwechseln) hingegen tritt er als deutliches Spiegelbild des Dungeonmasters auf: der Dungeonmaster will, dass die Kids den Beholder beseitigen, Venger hingegen erhofft sich das Gegenteil. "The Hall of Bones" hingegen zeigt Venger wieder eher an den magischen Utensilien der Helden interessiert, da er mit diesen seinen Konkurrenten Tiamat zu beseitigen hofft.

Dieser episodenübergreifende Konflikt der unterschiedlichen Parteien wirkt allerdings - da wir es ja noch mit dem Auftakt der Serie zu tun haben - ein wenig unschlüssig konzipiert, zumal die einzelnen Episoden für sich allein genommen bei einer Spielzeit von ca. 20 Minuten mit einer Fülle von Motiven und Anspielungen überladen wurden, so dass eindeutig die Action im Vordergrund steht. Gewissermaßen stolpert man als Zuschauer mit den Kids von einer verrückten Situation in die nächste, ohne sich über deren Sinn so recht klarwerden zu können. Abenteuer als Selbstzweck wenn man so will, in dem die Dinge einfach geschehen und der Irrsinn als gegeben gesetzt ist.

Beispielsweise "The Night of No Tomorrow": hier hat Venger (getarnt als Merlin) einen weißen Hasen und dem Dungeonmaster zufolge ist dieser Hase auch ein überdeutlicher Hinweis auf das Böse - nur spielt der Karnickel danach keine Rolle mehr, sondern verschwindet einfach aus der Erzählung. In "The Eye of the Beholder" wird Venger am Schluß von einem Energiestrahl getroffen ohne dass ersichtlich wird, welcher Deus Ex Machina dahintersteckt, usw. usf. so dass die einzelnen Episoden ziemlich dahinholpern. Nur kommt man aufgrund des Tempos einfach nicht dazu, derlei groß in Frage zu stellen weil einem die Rasanz keine Zeit dazu lässt. Man hat letztlich die Wahl, sich wie die jungen Protagonisten verzaubern zu lassen vom durchaus vorhandenen knuffigen Charme dieser alten Fernsehserie oder sich über diesen sinnlos dahingeschluderten Kinderkram so richtig zu ärgern.

Um so langsam zum Ende zu kommen versuche ich es mit einem Mittelweg: Die drei Episoden auf der DVD haben es nicht geschafft, mir Lust auf mehr zu machen. Aber ich bin inzwischen einfach auch ein alter Sack.
Aus einer kindlich-naiven Sicht hingegen erfüllt die Serie durchaus ihren Hauptzweck, nämlich das Spiel zu bewerben. Sie präsentiert eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten, in der man mit Mut, Aufrichtigkeit und einer Portion Bauernschläue ans Ziel kommt und schreckt nicht vor lustig verpackten Horror-Elementen zurück. Denn auch wenn die Konflikte - selbstverständlich - gewaltfrei ausgetragen werden sind die Episoden doch so konzipiert, dass auch eine sehr düstere Lesart möglich wird. Immerhin geht es vom abgesicherten Schauer der Geisterbahn direkt ab in ein Reich der Geister und Mischwesen, in einen Schwebezustand zwischen Wahn und Rationalität, in dem eigene Gesetze gelten und in dem man dann auch mal von monströsen Riesenschnecken verschleppt wird.

Das reißt animationstechnisch nicht vom Hocker, macht aber mindestens so viel Spaß wie alte Folgen von "Masters of the Universe".

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