Das Schwergewicht
Als ich vor 7 Jahren mir - mehr oder weniger durch Zufall - eine DVD der Serie "King Of Queens" gekauft habe, wusste ich noch nicht, was ich damit losgetreten habe. Seitdem verging nicht ein Tag, indem nicht mindestens eine Folge dieser Sitcom über meine Mattscheibe geflattert ist und ich kann wirklich behaupten, jede einzelne Dialogzeile der 207 Folgen starken Serie inzwischen auswendig aufsagen zu können.
Während die Serie jedoch (abgesehen von einigen Folgen der 9. Staffel) konstant ihr Qualitätslevel halten konnte, so hat mir die Schauspielkarriere von Hauptdarsteller und persönlichem Liebling Kevin James etwas mehr Sorgen gemacht: "Hitch Der Date Doktor" war ganz ok, "Grilled: Verbraten Und Verkauft" war ein ziemlich merkwürdiges Filmchen, "Chuck Und Larry" hat mir gefallen, zum "Kaufhaus Cop" sage ich lieber nichts, "Kindsköpfe" war wiederum extrem lustig, "Dickste Freunde" konnte zeigen, wie gut Kevin James sich auch in nicht komödiantischen Rollen schlagen kann und "Der Zoowärter" war einfach ein harmloser, aber sehr witziger Film für Groß und Klein.
Ich hatte und habe auch jetzt immernoch den Eindruck, dass er mehr verdient hat, als immer nur ein Sidekick von Adam Sandler zu sein oder sich "nur" für lustige Rollen herzugeben. Sein körperbetonter Humor, der natürlich ganz auf seine Fettheit und Tollpatschigkeit abzielt, funktioniert zwar, aber man muss schon sagen, dass seine Rollen etwas redundant sind. Egal - wo immer der gute Kevin James auftritt fühle ich mich köstlich unterhalten (ich denke hier mit Freuden daran zurück, wie er eine von Thomas Gottschalks letzten "Wetten Dass...?" Sendungen durch seine absolute Bodenständigkeit gerettet hat) und egal wie ähnlich sich seine Rollen immer sind - James hat die Sympathiepunkte eindeutig auf seiner Seite:
Der gemütliche Scott Voss, ein ehemaliger Ringer, fristet ein ödes Dasein als Biologielehrer an einer verwahrlosten High School. Als sein Kollege, ein allseits beliebter Musiklehrer, aus Budgetgründen entlassen werden soll, kann Scott nicht einfach tatenlos zusehen. Um Geld einzutreiben, nimmt er einen Nebenjob als Mixed-Martial-Arts-Kämpfer an und wird schon bald zur örtlichen Sensation... ofdb.de
"Das Schwergewicht" ist sein aktuellster Output und ist einfach eine absolut standardisierte Komödie. Das kann jetzt sowohl positiv als auch negativ klingen und auf genau diese beiden Arten aufgefasst werden. Man weiß nach 5 Minuten wohin der Film läuft, man erkennt massenhaft Versatzstücke wie der obligatorische Love Interest oder auch die abschließende Moral. Im Prinzip ist "Das Schwergewicht" "Der Zoowärter", bloß dass die Tiere durch eine Schulklasse ersetzt wurden, man Rosaria Dawson durch Salma Hayek ausgetauscht hat und James nicht im Zoo sitzt, sondern den Biolehrer gibt. Doch was erwartet man von einer PG-Hollywood Komödie?
Genauso wie Filme von Lucio Fulci auch nicht schlecht sind, bloß weil der gute in seiner späteren Karriere praktisch nurnoch das selbe gedreht hat, so verhält es sich auch hier: Fans von Kevin James wollen keine tiefgreifenden Storyverstrickungen, sie wollen keinen Fäkalhumor: sie wollen Kevin James in der Rolle, die er am besten kann: und das ist eben der gutmütige, faule, dicke, tollpatschige Lehrer/ Zoowärter/ Feuerwehrmann...
Die Story ähnelt sehr "The School Of Rock" mit dem ähnlich großartigen Jack Black in der Hauptrolle. Die Aussagen der beiden Filme in Bezug auf die Wichtigkeit von Musik sind ziemlich ähnlich und auch der Storyverlauf von "Das Schwergewicht" verweißt eindeutig auf den Film mit Jack Black. Dieser war jedoch in seiner Nerdhaftigkeit in Bezug auf Rockmusik noch konsequenter und kam deswegen auch etwas frischer als Kevin James' Film daher.
Jedoch hat "Das Schwergewicht" auch genug eigene Ideen und Vorteile: Bas Rutten!
Jap, Bas Rutten gab sich hier die Ehre, Kevin James im Film MMA Fights beizubringen, während dieser ihm als Lehrer bei seinem Einbürgerungstest hilft. Rutten beweist hier viel Selbstironie und man merkt einfach, wieviel Spaß die beiden am Set hatten. Der Dritte im Bunde ist Henry Winkler, ein liebenswerter Musiklehrer, der durch eine Etatkürzung der Schule kurz vor der Arbeitslosigkeit steht. Und auch er liefert eine absolut fantastische Rolle ab.
"Das Schwergewicht" mit Kevin James ist eine harmlose Komödie, die man sich immer und immer wieder anschauen kann. Ja, die Handlung sowie einzelne Versatzstücke sind sehr standardisiert und erinnern eindeutig an viele andere, vergleichbare Filme - aber wie immer ist das "wie" wichtiger als das "was". Die drei Hauptdarsteller James, Rutten und Winkler liefern eine tolle Arbeit ab und sind einfach liebenswert. Wir haben viele gelungene Gags und an der ein oder anderen Stelle musste ich durchaus mal laut loslassen. Besonders James' häufig auftretende Amish-Witze ziehen sich seit "King Of Queens" durch seine Filmkarriere und stellen tolle Running-Gags dar. Vielleicht wird vorallem gegen Ende, die Moral des Filmes etwas zu deutlich durchgepeitscht, aber das bleibt auch mein einziger Kritikpunkt.
9/10