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Im Genre der schwarzen Komödien ist es wohl angemessen, wenn die Deutschen sich etwas zurückhalten, das können unter anderem die Engländer deutlich besser. Aber die Ausgangssituation von LEG IHN UM! könnte nicht spannungsreicher sein: Der todkranke Unternehmer verspricht demjenigen seiner Kinder sein großzügiges Erbe, wer ihn innerhalb circa einer Woche ins Jenseits befördert. Es gibt keine weiteren Bedingungen oder Einschränkungen. Schon diese Grundkonstellation verspricht eine Reihe von Möglichkeiten mit diesem Szenario umzugehen. LEG IHN UM! schafft daraus fast episodenhafte skurrile Szenen und teilweise tatsächlich wirklich komische und gekonnt schwarzhumorige Momente. Im Großen und Ganzen kann man aber leider von einer verpassten Chance einer tiefergehenden Ausbeute dieser Story sprechen.

Diese "frohe Botschaft" wird von seiner Anwältin gleich anfangs in der großen Familienrunde verkündet und der zynische Alte verfolgt dies per Video aus einem Nebenraum. Natürlich sind alle zunächst erbost, aber dann menschelt es in den kommenden Tagen stark und jede Partei erdenkt sich immer groteskere Methoden den Vater mehr oder weniger sanft in den Schlaf zu befördern. Die einzelnen Kinder übertreffen sich dabei an schwachsinnigen Ideen und deren Ausführung, und man weiß als Zuschauer manchmal kaum, ob dies so verfahren im Drehbuch geplant war oder den Machern wirklich nichts Besseres eingefallen ist.

Teilweise wirken die Dialoge dazu fast improvisiert und in einigen Szenen wurde man an absurde Situationskomik eines Helge Schneider erinnert, im positiven Sinne in diesen Fällen. Dazu zählt eine Szene im Baumarkt, ein Treffen mit einem Ex-Mann, eine an der Hotelrezeption und im Kontext von obskuren Sexspielchen eines Sohnes. Mit hat diese Unbeholfenheit und Fehlerhaftigkeit in den Handlungen der Söhne und Töchter gut gefallen, es wirkt zunächst einmal in gewisser Weise authentisch. Man muss sich aber grundsätzlich auf diese zeitweise bewusst übertrieben dargebotenen unlogischen Fallstricke einlassen, sonst wird man wohl erbost das Weite suchen aufgrund des Dargebotenen.

Gut und ein darstellerischer Fels in der Brandung hingegen ist die Leistung des Vaters August Manzl, gespielt von Hans-Michael Rehberg, den viele sicherlich als TV-Serien Titan aus unter anderem "Der Kommissar", über "Derrick", "Tatort", "Der Alte", "Rosa Roth" und bis zuletzt "Pfarrer Braun" kennen. Bald wird deutlich - auch wenn dies erneut Widersprüche zum Ausgangsszenario produziert – dass er gar nicht sterben will, sondern überwiegend darauf aus ist, seine Kinder mit dieser Situation zu quälen. Allerdings wird auch diese Haltung nicht klar herausgearbeitet und verbleibt als Fragezeichen wie andere Storyelemente in der Luft. Die leichte Überlänge kommt LEG IHN UM! auch nicht positiv entgegen.

Am Ende verbleibt der Eindruck, dass es mehr um die Aneinanderreihung von skurrilen Szenen ging und das Reiben an den diversen psychologischen Problemen oder Vorlieben der Kinder ging, als um eine auch nur ansatzweise Beleuchtung des Verhältnisses vom Vater zu seinen Kindern oder wie man tatsächlich mit einer solchen fiktiven Situation umgegangen wäre. Im realen Leben wäre übrigens juristisch dies in dieser Weise nicht haltbar. Von Dingen wie "Sittenwidrigkeit" mal abgesehen. Das Testament wäre nicht haltbar, wenn es zu einer wie auch immer gearteten Straftat, hier "Tötung auf Verlangen" aufruft und könnte widerrufen werden.

Und selbst wenn es so wäre, um einen Pflichtteil für die anderen Kinder käme man auch nicht herum. Somit würde wohl nach Anfechtung eine normale Teilung unter den Erben vorgenommen werden. Aber lassen wir die rechtliche Bewertung mal beiseite. Trotzdem kann man Fragen nach Logik und Plausibilität von Einzelheiten der Handlung  von LEG IHN UM! aufwerfen, die ich hier aber aus Spoilergründen nicht noch weiter diskutieren will. Deutlichen Punktgewinn macht das unerwartete Ende, welches zwar recht klamaukhaft, aber nicht ohne Charme und ein paar guten Ideen präsentiert wird und LEG IHN UM! zumindest für mich vor der Mittelmäßigkeit bewahrt hat. Ich wäre trotzdem gespannt wie LEG IHN UM! unter englischer Regie verlaufen wäre…

5,5/10 Punkten

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