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Heidi (Sheri Moon Zombie) ist DJ beim lokalen Radiosender WIQZ. Eines Tages bekommt sie eine seltsame Holzbox zugeschickt mit der Aufschrift „ein Geschenk von den Lords“. In dieser Holzbox befindet sich eine alte Schallplatte. Heidi geht davon aus, dass ihr diese aus Promotionzwecken zugeschickt wurde. Also beschließt Heidi, die Platte in ihrer Show zu spielen. Doch jedes Mal, wenn Heidi diese in ihrer Sendung spielt, verfällt sie in eine art Trance und durchlebt die grausame Vergangenheit ihrer Stadt. Sind diese bizarren Visionen nichts weiter als Halluzinationen oder sind die „Lords“ zurück, um Rache an den Frauen von Salem, Massachusetts zu nehmen?
Über Rob Zombie kann man viele Dinge sagen, doch eines ist nicht zu leugnen. Er ist ein Regisseur, der sich mit jedem Film weiterentwickelt. Ob nun zum Guten oder Schlechten muss jeder selbst entscheiden. „The Lords of Salem“ ist anders als alles, was er zuvor gemacht.
Der Film ist der absolute Wahnsinn - im wahrsten Sinne des Wortes. Zombie baut eine unglaublich surreale, düstere, wirre, bedrohliche Atmosphäre auf. Die Furcht und die Paranoia, die die Protagonistin Heidi im Film durchleidet, überträgt sich gnadenlos auf den Zuschauer. Der Film wird sehr langsam und ruhig erzählt. Das Tempo wird hier von Zombie vorgegeben. Die Erwartungshaltungen, sowie die Sehgewohnheiten des Zuschauers scheinen Zombie nicht einmal ansatzweise zu interessieren. Ähnlich wie in The Shining, The Exorcist oder Rosemary's Baby. Einflüsse von Stanley Kubrick, Roman Polanski und Ken Russell sind deutlich spürbar. „The Lords of Salem“ ist ein Slow-Burner und erinnert allgemein stark an viele europäische Horrorfilme der 70er Jahre. Außerdem verzichtet Zombie vollkommen auf den Einsatz von CGI.
Visuell ist der Film die reinste Wucht. Zombie's Bilder sind total verstörend und zur selben Zeit unheimlich faszinierend. Jede einzelne Einstellung ist perfekt geframed, genau wie jede Kamerafahrt. Es gibt Grauen erregende, langsame und lange Kamerafahrten. Zombie schöpft die Steadicam voll aus. „The Lords of Salem“ ist mit einem Budget von ca. 2.5 Mio. US Dollar der günstigste Film, den Zombie bisher gedreht hat. Doch er lässt ihn aussehen, als sei es der mit Abstand teuerste.
Die Musik stammt dieses mal aus der Feder von Bandkollege John 5. Er wollte einen Score schaffen, der nicht besonders melodisch klingt und somit eher vom Geschehen des Films ablenkt. Jedoch sollte dem Zuschauer die Musik noch lange nach Ende des Films im Kopf herum schwirren. Ich kann nur sagen: Mission geglückt. Ohne seine Musik wäre der Film wahrscheinlich nicht einmal halb so furchteinflößend und fesselnd.
„The Lords of Salem“ ist seit sehr vielen Jahren der erste Horrorfilm, der es schaffte, mir Angst zu machen. Ich dachte, so etwas würde ich nie wieder erfahren. Dabei verzichtet Rob Zombie weitestgehend auf klischeehafte Schocks und Jumpscares. Auf Blut und Gewalt setzt der Film ebenfalls nicht. Einzig und allein die Atmosphäre löst ein enormes Unbehagen beim Zuschauer aus.
Der Cast ist – wie es für Zombie üblich ist - wieder einmal sehr breit gefächert. Sheri Moon Zombie gibt als Heidi ihre bisher überzeugendste Leistung ab. Die 3 Hexen-Schwestern Lacy (Judy Geeson), Sonny (Dee Wallace) und Megan (Patricia Quinn) liefern wunderbar überzogene Darstellungen ab, ohne jemals ins Lächerliche ab zu driften. Viele ihrerer Szenen sind einfach herrlich „creepy“. „Whitey“ (Jeffrey Daniel Phillips) und Herman (Ken Foree) sind die Freunde und Arbeitskollegen von Heidi. Sie spielen ihre Rollen deutlich realitätsbezogener. Während Herman die Entspannung selbst ist, weiß Jeffrey Daniel Phillips als besorgter und mitfühlender Freund zu überzeugen. Bruce Davison spielt die Rolle des Francis Matthias. Diese Rolle dient lediglich zur Exposition, um den Zuschauer nicht völlig im Dunkeln zu lassen. Das ist etwas schade, aber Bruce holt das beste aus dieser Rolle heraus und liefert trotzdem eine mehr als gute Performance ab. Außerdem ist er ein enormer Sympathieträger. Showstealer ist allerdings Meg Foster (bekannt aus „Sie Leben!“). Sie spielt die Rolle der Hexenanführerin Margaret Morgan. Die Frau ist böse bis in die kleinste Faser ihres Daseins. Absolut diabolisch. Die perfekte Besetzung.
Zombie gibt seinen Charakteren einiges an Tiefe, jedoch nicht so zwanghaft verkrampft wie teilweise in seinen früheren Werken. Trotzdem sollte man hier keine Charakterstudie erwarten. Aber das will Zombie mit diesem Film auch gar nicht erreichen. Zombie hatte bei „The Lords of Salem“ 100%ig kreative Freiheit. Der Film wirkt wie aus einem Guss, nichts wirkt aufgezwungen oder aus der Not heraus entstanden. Alles entfaltet sich ganz natürlich. Außerdem ist es wieder originelles Material von Herrn Zombie. Zu viel kreative Freiheit kann jedoch auch nach hinten losgehen. Das ist bei diesem Film zum Glück nicht der Fall. Das geringe Budget zeigt Zombie seine Grenzen auf und lässt ihn somit nicht über die Stränge schlagen. Er konzentriert sich auf das Wesentliche und verliert niemals den Fokus. White Trash Charaktere gibt es nicht und der Fuck Count ist enorm niedrig. Zombie ist um einiges reifer geworden.
Die letzten 10 Minuten des Films sind derartig abgefahren, dass ich während des Abspanns mit heruntergefallener Kinnlade auf den Bildschirm starrte und ein riesengroßes „?“ in meinem Kopf herum schwirrte. Ich werde The Velvet Underground's „All Tomorrow's Parties“ nie wieder hören können ohne dabei an „The Lords of Salem“ denken zu müssen. Genial, wie Zombie hier Musik und Bilder perfekt zusammenspielen lässt.
Fazit: Rob Zombie's Magnum Opus. Ein bildgewaltiger Horrortrip, der den Zuschauer in Angst und Schrecken versetzt. Ein Meisterwerk – die Rückkehr des wahren Horrors. 10/10