Eli Roth? Wer?
Klingelt es euch da nicht in der Kasse?
Ja, genau der Typ, der den ganz okayigen "Cabin Fever" abgedreht hat, in "Inglourious Basterds" in einer Kurzrolle den Nazizerquetscher mimte und im Jahre 2005" mit "Hostel" einen Meilenstein bzw. ein neues Subgenre erschuf: Der Folterporn-Leder-Stacheldraht-Quietsche-Entchen-Torture-Porn-Horror. Für viele war "Hostel" auch ein ganz okayiger Film - lediglich das American-Pie-Intro ließ bei den meisten den Lack bzw. die Geduld abblättern.
Ich sage: Leg eine dicke Wurst drauf. Der Film sowie seine Fortsetzung "Hostel 2" waren trotz der Atempausen der Hammer, da man bis dato selten so etwas Intensives erlebt hat. Roth kann ja nix für die zig tausend Plagiate. Genauso wenig wie man Wes Craven nach "Scream" vorwerfen konnte, für den "Trend" verantworltich zu sein. Wobei ich mir es recht überlege: Mittlerweile könnte ich mal wieder so zehn "Scream"-Plagiate hintereinander vertragen. Hängengeblieben nennt man so etwas wohl.
Nun, mit "Aftershock" ist Eli Roth back, allerdings nur mit einer Hauptrolle. Nebenbei kritzelte er allerdings auch am Drehbuch mit rum und natürlich produzierte er diesen Film mit. Den Film hat kein geringerer als Nicolás Lopez gedreht. Wer? Na der, der schon.... Sorry, mir fällt nichts ein. Mit Sicherheit hat Lopez schon einmal erfolgreich einen Werbeclip für Müsli-Riegel abgeliefert. Was aber auch total egal ist. Nach dem Ansehen fühlt sich dieser Film wie ein Eli-Film an und ich bin der Meinung: Auch wenn Lopez nur minimal von den Kreationen von Roth abwisch, er mit dem Rohrstock schön vom Nazijäger einen auf die Hand bekam.
"Aftershock" unterscheidet sich primär kaum von "Hostel". Okay, anstatt American Pie-Lifestyle verremixte man lieber aktuellere Filme wie "Hangover" und entschied sich, vom Torture Porn-Genre ins Katastrophenszenario abzurutschen.
Die ellenlange Intro-Sequenz, die mehr dem Hangover-Style gleicht (man quetscht sich von Party zu Party) liegt auch sehr an dem "Anführer" des Trios Pollo (Nicolás Martínez), der dank Daddy Connections ohne Ende hat, und auch vom Äußeren her dem bärtigen Zach Galifianakis gleicht. Von daher gibt es in der ersten halben Stunde, in der echt überhaupt nichts passiert als TV-Potential, ein, zwei gelungene Lacher zu verbuchen. Eli Roth darf sich als sympathischer Trottel vorstellen, wobei der Dritte im Bunde Ariel (Ariel Levy) auch sein StellDichein geben darf. Kurzum: So etwas nennt man Charaktertiefe - diese ist aber, wie der Komödienanteil etwas zu lange ausgefallen, dass man beginnt, sich die Fußnägel zu feilen. "Hostel"-Like eben. Nur halt nicht wirklich mit der Durchschlagskraft im zweiten Akt. Zumindest auf den ersten Blick.
Bevor man wegpennt, wechselt blitzartig die Hangover-Satire in ein Katastrophenszenario, das mit unorthodoxem, grausamen Ableben und auch Spannung punkten kann. Die Wirkung entfaltet sich jedoch erst ein paar Tage nach dem Ansehen.
Dem schwanzgesteuerten Trio stellt man noch drei 15cm-Hacken-tragende Mädels zur Seite, die fortan bei einem Erdbeben ums Überleben kämpfen. Nicht nur, dass dieses Erdbeben schon genug wäre. Die hiesigen Gefängnismauern sind eingerissen und alle Schwerverbecher der Ortschaft machen zufälligerweise Jagd auf das angewachsense Sixpack. Schließlich war man ewig eingesperrt und der Sack ist bis zum Anschlag mit Sperma gefüllt.
Klingt nicht logisch und fühlt sich auch nicht logisch an.
Dennoch hat man ja als Zuschauer gewisse Erwartungen an Haltbarkeit der Charaktere und genau da klatscht Eli Roth dem Lopez schön auf die Finger, bzw. dem Zuschauer noch schöner in die Fresse. Es wird gestorben, auf recht grausame Art und Weise - aber in einer Reihenfolge, die wir alle nicht gewohnt sind. Und genau dort liegen meines Erachtens die Stärken von "Aftershock".
Ganz ehrlich: Ich kann dem furztrockenen, lahmärschigen Intro, der ziemlich budgetarmen aussehenden Hatz, dem unlogischen Verhalten der Knastis und auch ein paar Wendungen, die sich anfühlen, wie eine nicht gewollte Darmspiegelung, zuschauen. Es hapert an allen Ecken und Kanten und dennoch kann ich sagen, dass der Film für einmal Ansehen sich Five Points verdient hat. So hat mir das mein Gefühl nach dem Abspann gesagt.
Dennoch muss ich gestehen, dass ich auch noch ein paar Tage später an den Film und seine verstorbenen, ermordeten Charaktere denken musste - was dem Film natürlich Pluspunkte mit auf den Weg gibt. Aber insgesamt kommt "Aftershock" keinesfalls an "Hostel" ran. Der Versuch war gar nicht mal so schlecht, aber leider gibt es diverse Hänger und große Logiklöcher im Drehbuch, die den Spaß ein klein wenig verderben.
Und unabhängig davon: Ich stehe dazu. "Aftershock" ist eine Alternative zu "Hostel", wenn auch mit weitaus weniger Durchschlagskraft. Aber konträr dazu erzwingt mich das außergewöhnliche, grauenvolle Ableben mancher Darsteller zu einer höheren Punktwertung, wie der Film eigentlich wert ist. "Aftershock" ist für alle geeignet, die "Hostel" ohne Schmerzen verkraftet haben und von Katastrophenfilme der Marke Troma nicht genug bekommen.
8/10