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Ein Film wie er nur aus Japan kommen kann, ein Frauenbild wie es wohl nur noch im asiatischen Raum zu finden ist. Ein Film bei dem ich den gesamten Abspann gesehen habe, obwohl ich doch nichts lesen konnte. Ich sass fassungslos vor dem Fernseher und konnte es nicht glauben, wollte es nicht glauben, wie kann man diese Geschichte nur so enden lassen?

Chihiro ( brillant gespielt von Harumi Inoue ) wird als junge Frau von drei Männern vergewaltigt. Die Männer drehen ein Video von ihrer Tat und verkaufen es im Internet. Da Chihiro einen der drei als ihren Schulkollegen erkennt, schämt sie sich und erstattet keine Anzeige. Sie lebt in einem kleinen Dorf und das Gerede und die Scham sind zu gross. Also kommen die beiden anderen, zwei Möchte-gern-Yakuza, ebenfalls davon.
Chihiro zieht vielmehr weg und versucht in Tokio ein neues Leben zu beginnen. Dort findet sie Arbeit bei einer Bank und auch die Liebe hält wieder Einzug in ihr Leben. Fünf Jahre nach der Tat, sie steht kurz vor der Hochzeit mit einem Arbeitskollegen, finden die drei Täter sie allerdings in Tokio und erstatten ihr einer nach dem anderen einen Besuch ab.
Als der erste auftaucht und sich gewaltsam in ihr Leben drängt ist Chihiro noch geschockt und weiss nicht wie sie reagieren soll. Dies ändert sich langsam und stetig und nachdem er ihr jetziges Leben empfindlich gestört hat ( Job weg, Freund weg ) , versucht Chihiro den Befreiungsschlag und es kommt zum Todeskampf mit ihm. Seine Leiche friert sie ein und nacheinander auch die zwei weiteren Besucher, die nach ihm eintreffen.
Doch die ungelösten Probleme der Vergangenheit lösen sich nicht durch Einfrieren, vielmehr tauen sie früher oder später wieder auf.

Der gesamte Film hat den Charakter eines Kammerspiels, Ishii konzentriert sich auf die Personen und zeichnet langsam und bedrohlich die Veränderung von Chihiro vom Opfer zur Täterin. Diese Veränderung spielt Harumi Inoue gekonnt und sehr glaubhaft, daneben sieht sie auch ansprechend aus, der Film geizt nicht mit Nacktaufnahmen und droht manchmal zum Sexfilmchen zu verkommen. Die Gewaltszenen sind ebenfalls sehr intensiv gefilmt, zwar keine Goreeffekte aber der Todeskampf mit dem ersten Besucher geht schon unter die Haut. Wie auch die Veränderung von Chihiro den Zuschauer mitleiden lässt.
Die Darstellung der Männer ist ekelerregend und abstossend gelungen, Tritte und Schläge und mehrfache Vergewaltigungen verlangen dem Zuschauer einiges ab. Die Darstellung solcher Bösheit kann ich nur mit Frank Booth aus BLUE VELVET von David Lynch vergleichen, Dennis Hopper spielt ähnlich böse und absolut glaubhaft.

Warum scheitert Chihiro am Ende?
Einer solchen Problematik muss man sich sofort stellen und kann sie nicht unter den Teppich kehren. Probleme lösen sich nicht durch Weglaufen, Vergessen oder Einfrieren. Wer in der Gegenwart nicht handelt, für den wird die Zukunft zum Fluch.
Nur hat Chihiro niemanden der ihr hilft, selbst ihr zukünftiger Mann kann nur an Eifersucht denken, als er mitbekommt wie der erste Besucher sich als ihr Jugendfreund bei ihr einnistet und ihm sogar von der Vergewaltigung erzählt. Auch als er sich zum Schluss doch entschuldigt und zu ihr zurückkehrt, kommt es nur zum Sex mit ihr zwischen den eingefrorenen Leichen, während er seine körperlichen Begierden befriedigt ( wie alle anderen vorher auch ), sagt sie beim Sex ständig "Hilf mir". Dies ist eine der stärksten Szenen des gesamten Films.

Ich hätte fast 10 Punkte vergeben, warum "nur" 9?
Das Ende des Filmes gefiel mir überhaupt nicht, das kann so nicht der Ernst von Ishii sein. Daneben kann ich es nur schwer glauben dass eine Frau in unserer Zeit noch solche Qualen über sich ergehen lässt, sich nicht anders zur Wehr setzen kann. Ich sass geschockt und aufgewühlt am Ende des Filmes vor dem Fernseher und wollte das Ende nicht glauben, Gedanken schwirrten durch meinen Kopf und ich suchte nach Lösungen. Es muss eine Lösung geben, so darf das nicht enden... das waren ständig meine Gedanken.
Wie fantastisch hat ein Film funktioniert, wenn der Zuschauer am Ende so zurückgelassen wird?
Dennoch die 10 möchte ich mir zurückhalten, aber ein grandioser Film der Extraklasse.

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