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Vorhang auf für den neuesten Vampirhorror: „The Thompsons"
Wirklich ein Killer von einem Titel. Der lässt mindestens ebenso superderb das Blut gefrieren wie schon „The Hamiltons" (der erste Teil der Story um die lässige Vampirfamilie auf der Flucht). Es ist ja schön, dass ein B-Regisseur bei all dem Genre-Blutrausch in den Videotheken derzeit seinen Streifen zur Abwechslung mal nicht „Saw Massacre" oder „Naked Torture" nennt, aber man kann es mit der an sich sympathischen Idee eines unscheinbaren Titels auch übertreiben. Man hat sich also umbenannt im Hause Hamilton und flüchtet nun, im zweiten Teil, sozusagen inkognito aus dem sonnigen Kalifornien, wo man es irgendwie nicht fertiggebracht hat, trotz der vielen leergesaugten und irgendwo entsorgten Nachbarn, nicht aufzufallen. Es geht jetzt also ab ins schattige England, wo man sich Hilfe für den bei einer Schießerei verletzten jüngsten Spross der Familie erhofft. Zwei Autostunden nördlich von London lebt nämlich die buckelige Verwandtschaft und Blut ist ja bekanntlich dicker als Wasser. Erst recht für Vampire. Blöd nur, dass die Thompsons auf dem Weg sind, in eine Falle zu latschen...

„Twilight meets Tarantino" - so wird tatsächlich dieser Rülps von einem Film von der Verleihfirma beworben. Nicht nur, dass Tarantino nicht mehr das ist, was er mal war: Was zum Henker bringt einen Filmvertrieb dazu, einen für Erwachsene konzipierten Horrorfilm mit Twilight zu bewerben? Für jeden halbwegs der Pubertät entwachsenen (männlichen) Menschen ist das kein Gütezeichen, sondern eher ein Warnhinweis. Fasst man den als solchen auf, kann man sich getrost die Sichtung des neuesten FSK-18-Streichs der Butcher-Brothers (die beiden Regiewurstler Mitchell Altieri und Phil Flores nennen ihr Alter Ego übrigens ernsthaft so) schenken. Trotz großer Worte im Vorfeld der Veröffentlichung sind die „Thompsons", bis auf die Eingangssequenz und eine durchtrennte Achillessehne, nicht brutaler als ihr jugendgerechtes Kitschvorbild. Jedenfalls wird hier meist im Off gekillt und der hier und da doch mal spritzende Lebenssaft ist nur ernüchternd spottbilliges CGI. Dass die Dialoge zusammen mit der schwachen Musikuntermalung erwartungsgemäß vom Grabbeltisch sind, macht den Gesamteindruck natürlich sowieso nicht besser.

„The Thompsons" der Schlachter-Brüder versucht nun dahingehend originell zu sein, dass die Blutsauger tagaktiv sind und die Story des Familientrips nach England vom zweitjüngsten Sohnemann und Hauptdarsteller Francis (Cory Knauf) kommentiert und arrangiert wird. Altieri und Flores versuchen, mittels ein/zwei Rückblenden und drei/vier Vorgriffen aufs spätere Geschehen im Film ihrem Drehbuch einen Anstrich von Kreativität zu verleihen. Natürlich deckt hier die Farbe genauso wenig wie das übertrieben entspannte Gequatsche von Cory Knauf auch nur halbwegs unterhält. Wenigstens hat er sich mit seiner nach vorn gezupften Brit-Pop Frisur optisch der neuen Heimat angepasst. Das wirkt zwar spätestens dann ziemlich albern, wenn man mit fies verzerrtem Gesicht im Kampf mit der englischen Verwandtschaft wütend rumknurrt und sich gegenseitig anfaucht - aber eben mit nach vorne geföhntem Bubi-Haarschnitt. Was die ungewollte Blödelei angeht, ist „Twilight" hier offenbar tatsächlich Vorbild gewesen. Eine kitschige Liebesstory gibt's in dem Sinne dann natürlich auch. Zwielicht-Edward könnte theoretisch also auch bei den Samsons, äh, Simpsons,... den „Thompsons" ordentlich mitmischen.

Wie bei der untoten Konkurrenz, den vor sich hingammelnden Zombies und den zotteligen Werwölfen, versucht man auch bei den Nachfahren Draculas jeden Cent aus den wohlwollenden Horrorfans herauszusaugen. Da wird ohne Liebe zum Genre, ohne Ideen und vor allem ohne das nötige Kleingeld drauflosgedreht, rumgestöpselt und zusammengebastelt, um schließlich aufs fertige Produkt frech „Kult" draufzuschreiben. Natürlich war der Murks, wie hier, angeblich auch wieder das Highlight irgendeines völlig unbekannten Filmfests. Mit so viel gekünstelter Promotion im Rücken wartet man dann erwartungsfroh im Hause Butcher-Brothers auf nichtsahnende Filmfreund-Beute, die bereitwillig Geld für ein paar Krümel Film locker macht, die eigentlich vor die Enten gehören.

Jetzt mal ganz im Ernst und ohne Gaudi. Ist die „Kult-Vampirfamilie" (Originalton Verleih) wirklich so überflüssig? Ja, mindestens so sehr wie „Twilight". Oder Aderlass. Oder Überbiss. Oder Weisheitszähne.

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