Regisseur Colin Theys scheint ein wahrer Überlebenskünstler zu sein. Ich hab mich mal durch seine Regie-Werke durchgewalzt und es gibt scheinbar immer zwei Dinge, die alle Filme gemeinsam haben: Das Thema "Horror" und dass all seine Filme mit einem äußerst dünnen Budget auskommen müssen.
Mit "Dead Souls" habe ich jetzt den ersten Film von ihm gesehen und war nach dem Anschauen zufrieden.
Johnny Petrie (Jesse James) wird an seinem 18. Geburtstag total überrascht. Aus einem Brief erfährt er zwei Dinge: Dass er eine alte Farm im weit entfernten Städtchen Maine geerbt hat und das seine tablettenabhängige Mutter Mary (Geraldine Hughes) ihn nur adoptiert hat und nicht seine leibliche Mutter ist. Sein richtiger Vater Benjamin Conroy (J.H. Torrance Downes) hatte vor 17 Jahren die komplette Familie in einem christlichen Amoklauf ermordet - lediglich das Baby Johnny wurde von seinem älteren Bruder Daniel (Kyle Donnery) gut versteckt.
Gegen den Widerstand seiner Mutter reist er dorthin und beschließt nach der Begutachtung mit dem Makler Andrew Hudson (Jaiden Kaine), sich für ein paar Tage in der heruntergekommenen Hütte vor seiner Mutter zurückzuziehen und begegnet dabei der hübschen Emma (Magda Apanowicz), die es sich in der schäbigen Wohnung zu Recht gemacht hat. Doch das soll nicht alles sein. Denn die grausame Geschichte von damals dringt nach und nach in sein Leben ein...
Holla die Waldfee, im Intro, dass die 17 Jahre zurückliegende Geschichte zeigt, legt schon mal richtig deftig los: Erst wird man von einem Kinderlied von Johnnys leiblicher Mutter Faith (Elizabeth Irene), die damit ihr Baby in den Schlaf singen will, betäubt, um danach erst einmal die perfekte Familienidylle zu sehen. Wie aus dem Nichts beginnt der Vater seinen Amoklauf, und der hat es wirklich in sich: Neben einer richtig schmerzenden Szene, in der er den Hund tötet geht es weiter mit den Familienmitgliedern - und da wird auch kein Halt vor grafischer Gewalt an Kindern gemacht. Ein schmaler Grat.
Aber wer jetzt ein Torture Porn-Film erwartet, wird wahrscheinlich richtig enttäuscht werden: "Dead Souls" setzt beinahe den ganzen Film über auf subtilen Grusel, auch wenn im gesamten Film ein paar wenige Gewaltspitzen (und noch eine Hundetötung) deftig aufs Schnitzel kloppen. Also, wichtig für den Zuschauer ist dabei, dass er dieses Genre mag - und man sollte immer das Budget im Auge behalten. Es ist gering. Regisseur Colin Theys gelingt es weitestgehend, dies gut zu kaschieren (nicht selten wirkt der Film "teuer"), doch es gibt auch die Momente, bei denen man es einfach sieht.
Das beginnt bei der Hauptfigur Johnny. Er ist eigentlich ein richtiger Tranfunsel, der im Kopf leicht behindert wirkt und ins Klischee des Mamasöhnchens passt. Die erste halbe (das ist auch mit Abstand der schlechteste Teil vom ganzen Film) hat Colin Theys damit zu kämpfen, aus dem Popelfresser einen ernstzunehmenden Protagonisten zu machen - was ihm auch dann gelingt.
Dann fängt der Spuk an und es ist alles dabei, was wir schon in vielen anderen Filmen gesehen haben: Schatten von Personen, die nicht da sind. Platzende Glühbirnen, Türen die von Geisterhand aufgehen etc. Die ganze Palette wird hier abgefeiert. Aber dieser subtile Grusel geht solide über die Bühne (remember Budget) und Colin Theys legt auch ein (für mich zumindest) neues Thema auf den Tisch: Johnny wird ständig von einem Raben verfolgt, der bei jedem Aufeinandertreffen eine Feder verliert. Was hat es damit auf sich ?
Und auch ansonsten werden mystische Fährten gestreut, bei denen man bis zum Schluss nur rätseln kann, was es damit auf sich hat.
Nach der lahmen ersten halben Stunde kann man dem Film die Spannung und leichten Schockmomente nicht absprechen.
Am Ende wird es dann wieder blutiger, gespickt mit Wendungen und einer Auflösung die nach der Ansicht für mich etwas arg übertrieben war. Aber nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, finde ich das Ende trotz der Keule rundum gelungen.
"Dead Souls" ist ein sympathischer Low Budget-Gruselfilm geworden, der mit einigen Gewaltspitzen aufwarten kann. Der Anfang so wie das Ende sind heftig und auch kontrovers geraten, so dass es natürlich Geschmackssache sein dürfte, ob man mit diesem Film warm werden kann. Wer bei Plagiaten Plaque bekommt, sollte vielleicht auch einen Bogen um den Film machen. Bis auf die erste halbe Stunde hat mich der Film wunderbar unterhalten. Nur die Hunde-Szenen haben mir mein Herz gebrochen. (Warum sehen wir uns die krasseste Scheiße an und flennen dann, wenn Tiere sterben?)
Wohl gemeinte
6/10