"Weißt du wie sie dich nennen werden? Den schnellsten Colt im Westen."
Für seine Dienste als Kopfgeldjäger befreit der deutsche Ex-Zahnarzt Dr. King Schultz (Christoph Waltz) den Sklaven Django (Jamie Foxx). Nachdem er von ihm die Informationen hat um einige untergetauchte Verbrecher zu finden und zur Strecke zu bringen, bietet Schultz Django an, sein Handwerk zu erlernen und mit ihm über den Winter Geld zu verdienen. Im Gegenzug hilft er ihm seine Frau Broomhilda (Kerry Washington) von dem Plantagenbesitzer Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) frei zu kaufen.
Schon lange spielte Regisseur Quentin Tarantino ("Kill Bill"-Reihe, "Inglourious Basterds") mit dem Gedanken einen waschechten Western zu inszenieren. Bislang fanden nur Elemente aus diesem Genre Einzug in manche seiner Werke. Mit "Django Unchained" erfüllt sich Tarantino aber nicht nur einen persönlichen Wunsch. Er zitiert zahlreiche Filme des beinahe toten Italo-Westerns und stellt es in einer unverblümten Härte dar.
Wer mit den Stilbrüchen von Tarantino's Werken bislang nicht warm geworden ist, wird es auch hier nicht werden. "Django Unchained" enthält ausschweifende Dialoge, coole, plötzlich unterbrochene Musikstücke, das Überschreiten von Grenzen, handfeste Gewalt, Fremdbezüge, Ironie, Verbeugungen vor verschiedenen Genres sowie prominente Besetzung in Nebenrollen, die absolut typisch für den autodidaktischen Regisseur sind. Ebenso das Feingefühl, Spannung zu erzeugen und sie wuchtig eskalieren zu lassen.
Die Western-Ballade ist in ihrer Präsentation zweigeteilt. Zunächst liegt der Schwerpunkt auf überzogenen Wortgefechten und einer schnellen Inszenierung. Dominiert von ihrem Werk als Kopfgeldjäger reiten die Figuren von Ort zu Ort und schießen sich kompromisslos durch, schwarzer Humor inklusive. Dabei werden die Figuren mittels Rückblenden plausibel erklärt und Bezugspunkte hergestellt.
Die zweite Hälfte ändert sich in seiner Stimmung. Harte Folterungen und Kämpfe animieren nicht mehr zum lachen und werden auch nicht so präsentiert. "Django Unchained" wird hier ernster und bremst sich selbst etwas aus, um seiner eigentlichen Geschichte Platz zu machen. Das Finale ist dann schon beinahe als erlösend zu betrachten, fällt es doch erneut wuchtig und aberwitzig aus.
Irgendwo zwischen hartem Realismus und comichafter Übertreibung befindet sich die Präsentation der Duelle und Schießereien. "Django Unchained" ist blutig. Und zwar so sehr, dass man es kaum noch für ernst nehmen kann. Gleichzeitig aber auch überaus grausam, mit Hang zum Sadismus. Diese Mischung ist stimmig, wird aber wohl eher nur ein abgebrühtes Publikum für sich gewinnen können.
Der durch seine hervorragenden Landschaftsbilder und kraftvolle Musikuntermalung überaus atmosphärische Italo-Western ist aber nicht nur plumpes Genre-Kino. Durch seine intelligenten und facettenreichen Dialoge, sowie seiner offenen Darstellung zur Sklaverei, ist der Film auch nachdenkliches und bewegendes Kino.
Und auch schauspielerisch zeigt sich "Django Unchained" von seiner besten Seite. Christoph Waltz ("The Green Hornet", "Wasser für die Elefanten") hat erfreulicherweise eine ausgebaute Rolle und spielt diese so wunderbar offensiv und eindrucksvoll wie in "Inglourious Basterds". Leonardo DiCaprio ("Inception", "Titanic") und Jamie Foxx ("Kill the Boss", "Collateral") können da zwar nicht mithalten, präsentieren sich selbst aber ungewöhnlich ausdrucksstark.
In weiteren Nebenrollen findet sich eine Auswahl von Tarantino's Stammbesetzung wieder, die für sehr selbstironische Kurzauftritte sorgt. Samuel L. Jackson ("Marvel’s The Avengers", "Pulp Fiction") begeistert dabei mit einer längeren, sehr physischen Performance.
"Django Unchained" ist ein fabelhaftes Western-Epos, welches gleich mit mehreren hervorragenden Merkmalen überzeugen kann. Die Handlung ist wendungsreich, vielschichtig sowie intelligent, die Darsteller spielfreudig, die Western-Atmosphäre sehr dicht und die Inszenierung typisch für Tarantino. Ein sehr blutiges Erlebnis, dass in der zweiten Hälfte etwas vom vorherigen flotten Tempo einbüßt. Knappe ...
10 / 10