Review

The Guys from Paradise
(I-On New Media/Splendid)

Wer sich einen Film von Japans extremsten und wandelbarsten Regisseur Takashi Miike anschaut, weiß in der Regel, auf was er sich einlässt. Dieser Mann, dessen cineastischer Ausschuss jährlich bei etwa drei Filmen liegt, schert sich um keine Regeln, gibt nichts auf irgendwelche künstlerischen Gesetzmäßigkeiten, sondern zeigt einzig und allein das, was er für den entsprechenden Film für das Richtige hält. Hier gibt es keine Berührungsängste mit irgendwelchen Tabus, werden moralische Gesetze reihenweise gebrochen und künstlerische Grenzen rigoros ausgelotet. Dies brachte uns Meisterwerke wie Audition, The Bird People in China, Big Bang Love Juvenile A oder Gozu, aber auch Totalausfälle wie Full Metal Yakuza.
Der hier vorliegende Film The Guys from Paradise aus dem Jahre 2000 jedoch ist ein Film, der mich nicht wegen seiner Radikalität überraschte, sondern wie sehr sich Regisseur Miike zurücknimmt, um seine Geschichte von dem japanischen Geschäftsmann Kobei zu erzählen.
Dieser Geschäftsmann, dargestellt von Koji Kikkawa (auch in dem Miike – Film The City of Lost Souls zu sehen), wird des angeblichen Drogenschmuggels bezichtigt, was ihm zu einer Haftstrafe im philippinischen Gefängnis „Paradise“ verhilft. Hier herrscht das Gesetz der Korruption, welches es ihm ermöglicht, nachdem er in engem Kontakt zum im Gefängnis „herrschenden“ Gangsterboss Sakamoto stand, für diesen auswärtige Botengänge zu erledigen. Dies führt sehr schnell zu Verwicklungen, die eine Spirale der Gewalt lostreten.
The Guys from Paradise teilt sich klar in zwei Hälften auf. Die eine Seite zeigt den Alltag im Gefängnis, das Chaos, welches herrscht wenn verschiedene Kulturen zusammen auf engstem Raum leben müssen, und die Situation im Paradise, welche neben der hygienischen Seite (die Toiletten im Film lassen das Klo aus Trainspotting förmlich steril aussehen!) auch die strukturelle Seite beleuchtet. Hier hat der Film seine eindeutige Stärke, gelingt es ihm schnell und intensiv, dem Zuschauer diesen Einblick zu gewähren. In seinen besten Momenten erreicht The Guys from Paradise hier das Niveau von Alan Parkers Midnight Express oder Papillion. Leider verliert Miike nach der Hälfte den geschichtlichen Faden, so dass hier die Geschichte ausufert, und dadurch an Tempo und Stringenz verliert, um dann wieder die Kurve zu kriegen, und uns die Protagonisten in der philippinischen Landschaft in einer Art Road Movie zu präsentieren. Hier wechseln skurrile Szenen mit blutigen Shoot outs, Sozialdrama mit Thrillerelementen.
Die Aufmachung dieser Veröffentlichung aus dem Hause I-On New Media (mittlerweile Spezialisten für Miike – Filme) bietet gewohnt gutes Niveau. Bild und Ton sind gut, das Bonusmaterial liefert neben der Programmschau noch Bilder von der Filmpremiere, Behind the scenes – Material und ein Interview.
The Guys from Paradise ist erneut ein Beweis für das Talent des Regisseurs, seinen Zuschauer nie in Sicherheit wiegen zu können, sondern ständig eine Überraschung in der Hinterhand zu haben. Allerdings ist The Guys from Paradise dabei nicht so überragend geworden, wie andere Filme aus seiner Hand, bietet aber dennoch mehr Unterhaltung, als zehn Hollywood – Blockbuster zusammen! 

CFS

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