Der Abschlussfilm von Takashi Miikes Yakuza-Trilogie verfolgt das Schicksal dreier junger chinesischer Einwanderer in Japan, die in lockerem Kontakt zu einigen Yakuza-Mitgliedern stehen und von einer großen kriminellen Karriere träumen. Als sie sich mit einer misshandelten Prostituierten anfreunden, die von ihrem Zuhälter wegkommen will, beschließen sie, ihr zu helfen. Doch mit einem Überfall auf den Zuhälter geraten sie ins Visier der Yakuzabande.
„Ley Lines“ bleibt der Inszenierung und dem Erzählton des Vorgängers weitestgehend treu: Melancholisch, meist zurückhaltend und in tendenziell dunklen Bildern zeichnet er ein eher tristes Bild des unteren Randes der japanischen Gesellschaft, an dem die Einwanderer vor sich hin vegetieren. Die Großstadt wird als düsterer Hort von Mitleidlosigkeit, Kriminalität und Gewalt gezeichnet, in dem jeder für sich allein zu kämpfen hat, um über die Runden zu kommen. Der brüderliche Zusammenhalt der drei jungen Männer wird dabei von Anfang an als Gegenentwurf zur streng hierarchischen und groben Gruppenzugehörigkeit der Yakuza gezeigt.
Inszenatorisch erweist sich der Film dabei als Mischung aus den ersten beiden Teilen. Es gibt eine Handvoll blutiger Gewalt- und freizügiger Sexszenen (bis hin zu einer schockierenden Sequenz, in der die Prostituierte von einem perversen Freier zu schmerzhaftem Fetisch-Sex gezwungen wird und die urplötzlich in wilde Stakkatoschnitte und psychedelische Licht- und Farbspiele explodiert), insgesamt aber dominieren die Ruhe und Melancholie von „Rainy Dog“. Wo dieser sich stilistisch klar an 90er-Jahre-Hollywood-Vorbildern orientiert hatte, erinnert „Ley Lines“ eher an die Gangster- und Liebes-Tristesse eines Wong Kar-Wai. Rot eingefärbte Szenen im Sonnenuntergang oder schwarz-blaue Nachtsequenzen unter Neonlicht entwerfen eine romantisch-melancholische Atmosphäre, in der sich die Hoffnungen der Protagonisten stets allzu bald als Luftschlösser erweisen.
Leider übertreibt es „Ley Lines“ dabei aber mit der Ruhe seiner Erzählung. Den Großteil des Films über passiert einfach gar nichts. Zwar sind die Figuren sympathisch und interessant genug, um ihr Schicksal nicht egal werden zu lassen. Aber die Ereignislosigkeit, die sich bald nach der Einleitung einstellt und bis kurz vor das dramatische Finale kaum unterbrochen wird, lässt doch mit der Zeit eine enorme Langeweile aufkommen. Zu starr bleiben die Einstellungen, zu eintönig die an sich ästhetischen Bilder, zu wirr das Figurenkonstrukt, als dass man jeden mal kurz auftauchenden Charakter in seiner Bedeutung zuordnen könnte. Auch bleibt die Story durch ihre Fokussierung auf die drei Einwanderer zu oberflächlich, wenn es um die Hierarchien in Yakuza und japanischer Gesellschaft allgemein geht (ein paar kurze Szenen, in denen etwa ein empathieloser Beamter einen Reisepass verweigert, reißen solche Thematiken an, vertiefen sie aber nicht weiter). Und auch die spärlichen Gewalteskalationen können erst zum spannenden Schluss richtig überzeugen.
So plätschert „Ley Lines“ den Großteil seiner Laufzeit lustlos vor sich hin, was besonders schade ist, weil die zentralen Charaktere und ihre nicht immer einfache Beziehung zueinander durchaus interessant sind. Die Tragik eines halbillegalen Lebens immerhin wird trotzdem deutlich und macht das Ende zu einem emotional durchaus mitreißenden Moment. Trotzdem – als Abschluss dieser an sich intensiven und faszinierenden Gangster-Trilogie leistet sich der Film einige Schwächen zu viel.