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In den 50er-Jahren wurde an einer amerikanischen Highschool ein Experiment durchgeführt, das der Frage nachging, inwieweit sich faschistische Machtstrukturen in einer modernen Gesellschaft durchsetzen könnten. Das Ergebnis war erschreckend: Nach kurzer Zeit gliederten sich die ahnungslosen Schüler in die Strukturen, die ihnen vorgegeben wurden, ein, und gingen in ihren Aufgaben von Gehorsam, Disziplin und Gemeinschaft auf, ohne je zu hinterfragen, wofür sie da eigentlich eintraten.

Auf Grundlage dieses Experimentes behandelt der amerikanische Kurzfilm "The Wave" das Thema Faschismus und die Frage, wie es im Deutschland der 30er-Jahre möglich sein konnte, dass Millionen durchschnittlicher Deutscher dem nationalsozialistischen Wahnsinn folgten. Dabei orientiert sich der Film, anders als die vor einigen Jahren erschienene deutsche Neufassung mit Jürgen Vogel, nicht allzu sehr an filmischen Interessen wie Unterhaltungswert, sondern scheint direkt für einen Einsatz im schulischen Bereich konzipiert zu sein.

Das bedeutet trotz des spannenden und wichtigen Themas leider einen erheblichen Qualitätsverlust: Die Schauspieler scheinen direkt aus einer Schul-Theatergruppe entlehnt, so hölzern und unglaubwürdig tragen sie ihre Rollen vor. Mit plumper Mimik und überzogenem Spiel sind sie meilenweit von anspruchsvollem Schauspiel entfernt. Auch die Figurenzeichnung ist äußerst klischeehaft und soll wohl in erster Linie verdeutlichende Beispiele liefern - dass dabei mitunter billige Polemik entsteht, scheint von den Filmemachern hingenommen worden zu sein. So gibt es den Außenseiter, der unter der Welle zum glühenden Anhänger mutiert und den plötzlich alle anderen in ihrem Gemeinschaftsgefühl mögen.

Solcherlei Unglaubwürdigkeiten verderben die Intention der Handlung und sind klar auf die viel zu kurze Laufzeit zurückzuführen: Offensichtlich sollte "The Wave" innerhalb einer Schulstunde gezeigt werden können, weshalb er mit 43 Minuten sehr kurz ausfällt. Zum Schaden der Handlung, die sich nicht richtig entwickeln kann, sondern von den einzelnen Stationen stets weiter springt. Dass Schüler innerhalb so kurzer Zeit so vollkommen von ihren Idealen abfallen sollen, wirkt mehr als fragwürdig. Natürlich hat das Experiment damals genauso funktioniert - dennoch lief es über einen längeren Zeitraum, der innerhalb dieses Films völlig widerlegt wird und deshalb einfach nur unrealistisch wirkt. Das schadet dem Ziel des Films mehr als alles andere.

Einzig das Finale überzeugt: Mit einem emotional harten Schlag macht der Lehrer Mr. Ross den mitlaufenden Schülern deutlich, wie einfach sie sich in eine faschistische Organisation haben ziehen lassen. In ihrer Intensität und einfachen Inszenierung haben die letzten fünf Minuten eine ungeheure Kraft, die lange nachwirken kann. Der Rest des Films wirkt wegen schlechter Darsteller, fehlender Dramaturgie und miserabler Inszenierung leider wenig ansprechend. Darüber hinaus ist "The Wave" mal wieder ein Beispiel für völlig misslungene deutsche Synchronisation. Schade um das wichtige und ernste Thema!

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