Review

Ein fast vergessener, leider kaum auffindbarer Film mit interessanter Farbdramaturgie und Besetzung, ein wahres Juwel für Duras-Leser und Romy-Schneider-Fans: Das Ehepaar Paul und Maria (grandios: Finch und Mercouri) reist mit ihrer Tochter und der gemeinsamen Freundin Claire (Schneider, schön wie nie zuvor) durch Spanien. Die ständig betrunkene Maria bemerkt, dass Claire ein Auge auf ihren Mann geworfen hat ... und dass dieser auch nicht ganz abgeneigt ist. Das Quartett kommt in ein kleines Dorf, in dem ein Bauer gerade seine Ehefrau und deren Liebhaber erschossen hat. Maria beschliesst, dem Mörder zu helfen...

Jules Dassin ("Topkapi") und sein brillanter Kameramann Gábor Pogány ("Pink Floyd: Live at Pompeii") schufen beklemmende und kunstvolle Bilder voller Symbolkraft und Wärme. Die von Marguerite Duras verfassten Dialoge lassen die Luft regelrecht knistern. Die beiden "spiegelverkehrten" Dreiecksbeziehungen sind fein verwoben, die Verzahnung des Ehedramas mit der Kriminalgeschichte äusserst interessant.

Publikum und Kritik waren bei dem Start des Films im Januar 1966 eher verwirrt. Die Spekulationen über die im Film angedeutete lesbische Beziehung zwischen Claire und Maria und Romy Schneiders kurze Nacktszene am Ende des Films brachten "Halb elf in einer Sommernacht" mehr negative als positive Stimmen ein, und die spanisch-amerikanische (die Dreharbeiten fanden zwischen Juli und Oktober 1965 in Madrid und Umgebung statt) Coproduktion floppte. Im deutschen Fernsehen wurde das verkannte Werk bis heute nicht gezeigt; der Pay-TV-Sender Premiere zeigte es erstmalig 2002.

Dassin, der seine Ehefrau Melina Mercouri hier zum sechsten Mal (nach "Celui qui doit mourir", "La Legge", "Pote tin Kyriaki", "Phaedra" und "Topkapi") äusserst wirkungsvoll in Szene setzte, drehte leider hiernach keine nennenswerten Filme mehr.

"Halb elf in einer Sommernacht" ist einer der wenigen Filme Romy Schneiders, die die Schauspielerin nicht ins Deutsche synchronisierte.

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