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Romy Schneider hat in ihrer Karriere viel Mist gedreht, sowohl in den 50ern (u. a. "Die Deutschmeister", "Ein Engel auf Erden") als auch in den 70ern in Frankreich (u. a. "La Califfa", "Bloomfield", "Die Liebe einer Frau"), aber "Die Halbzarte" dürfte qualitativ der absolute Tiefpunkt sein. Alle Beteiligten äusserten sich später distanziert zu dem Machwerk, das --- man höre und staune! --- 1958 sogar der österreichische Festivalbeitrag in Cannes war. Regisseur Rolf Thiele bemerkte Jahre später: "Ich stand bei der Ufa unter Vertrag und hatte eine mittelmässige, schlecht geschriebene Komödie zu drehen, die weit unter dem Niveau aller Beteiligten war."

Nach dieser biederen Möchtegern-Sexklamotte wandte sich die Schneider dem anspruchsvolleren internationalen Kino zu und drehte mit Star-Regisseuren wie Luchino Visconti, Orson Welles, Otto Preminger, Joseph Losey, Jules Dassin und Claude Sautet. Doch zunächst kam "Die Halbzarte", die Geschichte einer anständigen Wiener Familie voller Hochbegabter: Mutter komponiert, Vater schreibt Krimis, die jüngste Tochter malt, und die ältere schreibt Poesie. Der Haken ist nur, dass kein Mensch etwas von der Familie wissen (= kaufen) will. Bettelarm teilt sich die Grossfamilie eine winzige Wohnung. Bis der Ältesten die glorreiche Idee kommt, sich als verruchtes Lotterweib auszugeben, das ihre pikanten Memoiren geschrieben hat. Die Sache hat Erfolg, doch lange kann das brave Fräulein ihre Fassade nicht aufrecht erhalten. Hinzu kommt, dass sie sich in einen amerikanischen Verleger (Carlos Thompson) verliebt...

Bei seinem Erscheinen war "Die Halbzarte" mit dem Prädikat FSK ab 18 versehen. Grund dafür dürften die für damalige Verhältnisse recht pikanten Dialoge gewesen sein ... und eine kurze Szene, die in einem FKK-Club spielt, die heutzutage der absolute Höhepunkt unfreiwilliger Komik sein dürfte: Magda Schneider (die sich bald darauf Gott sei Dank zur Ruhe setzte und ihre Profilneurosen ausschliesslich durch die Aufmerksamkeit stillte, die dem Privatleben ihrer Tochter zuteil wurde) prescht auf der Suche nach ihrer Tochter in eben jenen FKK-Club, sieht zwei nackte Popos und fällt kreischend in Ohnmacht. Ein Zeichen dafür, wie verklemmt, prüde, verlogen und dröge dieser Film ist. Wie die Zeit, der er entstammt. Dazu kommt eine Ausstattung, die man sich mieser und billiger kaum vorzustellen wagt, eine Farbdramaturgie, die an Dilletantismus grenzt, und eine verkitscht-süssliche, den Zuschauer förmlich überschwemmende Musik. Der Rest ist langweiliges 08/15-Kino von der Stange.

Romy Schneider gibt sich alle Mühe, doch ihr erster Versuch, ein "verruchtes Luder" darzustellen, misslingt auf charmant-altbackene Weise. Professionell spielt sie sich ihren Weg durch diese müde, unausgegorene Klamotte, die auf keiner Ebene zu funktionieren scheint. Reine Zeitverschwendung!

Übrigens: Heute ist "Die Halbzarte" ohne Altersbeschränkung frei gegeben.

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